Seite:OberamtCanstatt162.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Stiftungspflege des Orts, der Spital- und der Kirchenpflege zu Eßlingen u. a. vertheilt. An die Gutsherrschaft werden jährlich auch noch 5 fl. 43 kr. Martinisteuer, und 7 Schfl. 4 S. Steuer-Roggen und bedeutende Frohn-Surrogatgelder, in welche die Frohndienste schon 1785 verwandelt worden sind, nebst verschiedenen Leibeigenschafts-Abgaben entrichtet, s. S. 76.

Mühlhausen ist ein Rittergut, das bis 1806 dem Ritter-Canton Kocher einverleibt war. Zu dem Gute gehören der Viesenhäuser Hof, ein Schloß mit Ökonomiegebäuden und einer Beamten-Wohnung, eine Mühle, eine Kelter, ein Maiereyhaus und die in Tabelle II. unter der Rubrik „Adel“ aufgeführten, eigenthümlichen Güter. Das Gut ist Allodium und Familien-Fidei-Commiß mit Erstgeburtsrecht. Die damit verbundenen Rechte sind: Bürger-Aufnahmegebühren, Lehensgefälle und Leibeigenschafts-Surrogate, Grundzinse, Gülten, kleine Zehentrechte, hohe und niedere Jagd und eine Umgelds-Entschädigung von 165 fl.; sodann die gesetzlichen Surrogate für die Gerichtsbarkeit und Orts-Polizey, s. Reg. Bl. 1824 S. 860. Die Forstgerichtsbarkeit wird von dem grundherrlichen Beamten ausgeübt. Das Fischrecht tragen die v. Varnbüler zu Lehen.

Der Ort liegt etwas ansteigend, auf der linken Seite des hier ziemlich engen Neckarthals, in der Mündung des Feuerbachthälchens, dessen Bach durch den Ort geht. Es hat ein Schloß, zwey Kirchen, ein Rathhaus, ein Schulhaus, und ist Sitz des Grundherrn, eines grundherrlichen Rentbeamten und eines Jägers. Das Schloß oder Wohnhaus des Grundherrn ist mit einem schönen Garten und Anlagen verbunden. Es wurde 1815/16 erneuert. Von den beyden Kirchen steht die eine, die Pfarrkirche oder Walpurgiskirche, auf der Höhe, die andere, die St. Veitskirche, unten im Dorf.

Die Walpurgiskirche ist sehr alt; bey einem Bauwesen i. J. 1783 fand man unter dem Hochaltar mehrere Münzen vom Papst Urban III. (1185/87), dessen Bildniß auch über dem Hochaltar aufgestellt war, und es ist zu vermuthen, daß die Kirche schon unter diesem Papste, wenn nicht

Empfohlene Zitierweise:
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt162.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)