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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

s. g. Gnadenbrief des Grafen Ulrich, gegeben am Donnerstag nach St. Johannis d. T. 1478, dessen wesentlicher Inhalt folgender ist:

„Nachdem bisher die Unsern zum Rotenberg, bey unserem Schloß Würtemberg gelegen, in Ansehung des harten Sitzes, damit sie an demselben End für Andern der Unsern beladen sind, von unsern Altvordern löblich Gedächtniß mit etlichen Freyheiten begnadigt worden seyn, die sie auch bis auf Uns hergebracht haben, ohne Eintrag männiglich: also haben wir angesehen ihr merklich Notturft und das getreue Darlegen, so wir bishero in unsern Kriegs-Geschäften von ihnen, als unsern gehorsamen Armen Leuth gespürt haben, und bestätigen nun etc.

1) Daß die obengenannten unser Armen Leuth, und ihre Nachkommen nicht schuldig seyn sollen zu geben weder Fastnacht-Hennen, Umgeld, Landschaden, Vogthaber oder Hauptrecht, sondern derselben und aller andern Dienst, die Landschaft berührend, es wäre an Rayßen (Kriegszügen) uß und in dem Landt, oder andere, und auch ob in die Vogtey zu Cantstatt Geld geschlagen werde, sie zu leihen zu geben frey seyn sollen. Doch wäre Sach, daß sich über kurz oder lang begebe, daß wir, unsere Erben und Nachkommen in unserem Land ein gemein Schatzung gegen die Unsern fürnehmen würden, den zwanzigsten oder zehenten Pfenning zu geben, darin sollen sie sich auch nicht widern, sondern deßhalb nit minder schuldig und verbunden seyn, dann wie andere der Unsern.

2) Zu Erkanntniß obgemeldter Gnade sollen sie unser Schloß Würtemberg sammt den Wächtern, so zur Zeit daselbst sind, helfen in Kriegsläufen bewachen, und auch, so oft sich begebe, daß man in solchen Kriegsläufen oder andern abgesagten Feindschaften die Sturm läuten würde, demselben unserem Schloß für Andern zulaufen. Wenn sich aber begeben, daß sich ein gemein Landkrieg erhebt, dadurch wir ihnen und Andern der Unsern gebieten würden, zu flehnen, so sollen sie sich von Stund an in unser Schloß Würtemberg mit ihren Leibern und Gütern thun, und darin zu End aus desselben Kriegs bleiben, und daraus nit kommen, dann mit Erlaubniß unsers Burgvogts.“ Sie sollen auch schuldig seyn, den Weg zum Schloß nach Notturft zu bessern. Sie sollen auch Niemand zu ihnen ziehen lassen, er bringe denn glaublich Schein, daß ihm wie andern Bidermann zu trauen, u. s. w.

Diese Freyheiten und Dienstpflichten wurden gegenseitig erneuert durch Brief und Revers vom 26. Februar 1655; „dieweil nun aber,“ heißt es in dem Herzogl. Briefe, „die

Empfohlene Zitierweise:
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt192.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)