Seite:OberamtNeresheim0282.jpg

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Waldhausen nach Großkuchen kreuzen sich im Ort. Zwei steinerne, von der Gemeinde zu unterhaltende Brücken sind wegen der häufig anschwellenden Wildwasser im Karrenhauthal angelegt.

Die Haupterwerbsquellen der sehr fleißigen und sparsamen Einwohner sind Feldbau, Viehzucht und einiges Gewerbe. Von Gewerbetreibenden verkaufen Schuhmacher und besonders Besenbinder auch nach außen. Für den religiösen Sinn der Einwohner spricht, daß sie in einem Jahrzehnt 1500 fl. durch freiwillige Gaben auf ihre Kirche verwendet haben. Eine Ziegelei wird mit gutem Erfolg betrieben; vier Kramläden, drei Bierbrauereien und vier Schildwirthschaften bestehen in Ebnat, je eine in Affalterwang und Niesitz.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind im allgemeinen gut; der Vermöglichste besitzt 90, der Mittelmann 40–48, die ärmere Klasse 1/2–5 Morgen Grundeigenthum.

Der Ort hat das Recht, in den Monaten März und August je einen Viehmarkt zu halten; der Besuch derselben, namentlich von Unterländern, ist nicht unbedeutend.

Die große, von Süden nach Norden in die Länge gezogene Markung hat eine flachhügelige, von leicht eingefurchten Thälchen, Mulden und Einsenkungen durchzogene Lage; in den Einsenkungen kommen häufig Erdfälle vor, gegen die sich das Terrain von allen Seiten hin neigt. Der mittelfruchtbare Boden besteht theils aus den Zersetzungen des weißen Jura, theils aus Lehm, sogenannter Lüxe, ist daher leicht, theilweise hitzig und in nassen Jahrgängen ergiebiger als in trockenen. Im weißen Jura und im Juradolomit sind einige unbedeutende Steinbrüche angelegt; auch bestehen Lehmgruben. Wegen der hohen freien Lage ist das Klima ziemlich rauh, windig, und Frühlings- wie auch Herbstfröste sind häufig, daher auch feinere Gewächse nicht gedeihen wollen. Hagelschlag ist nicht selten. s. u. S. 284.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben und der Sinn, sie noch mehr zu steigern, ist ziemlich allgemein; zur Besserung des Bodens kommen neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Kompost, Gips und Asche in Anwendung, indessen lassen die Einrichtungen der Düngerstätten noch manches zu wünschen übrig. Zum Anbau kommen vorherrschend Roggen und Haber, weniger Dinkel und Gerste, ferner Kartoffeln, sehr viel dreiblättiger Klee, ziemlich viel Flachs, Angersen und nur wenig Erbsen und Linsen. Von den Getreideerzeugnissen können jährlich etwa 1500 Scheffel Haber und 100 Scheffel Gerste nach außen verkauft werden, der weitere Absatz an Getreide gleicht sich aus, weil weniger begüterte Familien auch Früchte von außen beziehen. Der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt, liefert aber ein nahrhaftes Futter, das jedoch für den örtlichen Bedarf nicht zureicht und es muß daher Futter zugekauft werden; überdieß sucht man durch starken Kleebau die Unterhaltung eines ansehnlichen Viehstandes zu ermöglichen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0282.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)