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Die ganze Gemeinde ist nach Lauchheim eingepfarrt.

Das Schloß Kapfenburg mit einer Marienkapelle und der eigentlichen Schloßkapelle hatte einst einen Ordenspriester als Kaplan, welchen aber der Bischof erst zur Seelsorge auch legitimiren mußte. In neuerer Zeit wurde für die evangel. Beamten und zerstreuten Protestanten der Umgegend eine ständige Pfarrverweserei eingerichtet.


Kerkingen.
Gemeinde III. Kl. mit 641 Einw., wor. 3 Evang. a. Kerkingen, Pfarrdorf, 393 Einw., b. Edelmühle, Haus, 12 Einw., c. Itzlingen, Weiler, 201 Einw., d. Meisterstall, Weiler, 31 Einw., e. Ziegelhütte, Haus, 4 Einw. – Kath. Pfarrei. 41/2 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der ansehnliche Ort hat eine freie ebene Lage in dem wiesenreichen flachen Thal des mitten durch das Dorf fließenden Kirchenbachs und an der von Bopfingen herkommenden Vicinalstraße, die ganz nahe (nördlich) am Ort in die Ellwangen-Nördlinger Landstraße einführt; eine weitere Vicinalstraße ist nach Baldern angelegt und von der Ellwangen-Nördlinger Landstraße lenkt ein Vicinalweg nach Sechtenhausen ab. An den durch den Ort führenden, gut unterhaltenen Hauptstraßen und einigen kleineren Seitenstraßen lagern sich unregelmäßig und sehr weitläufig die freundlichen, zum Theil ansehnlichen, sämtlich mit Ziegeln gedeckten Bauernwohnungen, zwischen denen sich Baumgärten und Rasenplätze „Wasen“ ausdehnen, was dem Dorf ein eigenthümliches, jedoch sehr freundliches Aussehen verleiht.

Am südöstlichen Ende des Dorfs liegt die hübsche Wallfahrtskirche zur heil. Ottilie, umgeben von dem mit einer Mauer umfriedigten Begräbnißplatz, in dessen Mitte der St. Ottilienbrunnen steht; mit dem Wasser desselben waschen sich die Leute in frommem Glauben die Augen. Alle Jahre am Sonntag nach Ottilia im Monat Dezember wird hier das Ottilienfest gefeiert. Das Patronatsrecht zur Pfarrei hat der Fürst von Oettingen-Wallerstein. Die Kirche zu St. Ottilien wurde 1472 in spätgothischem Stil erbaut, mit Strebepfeilern und gefüllten Spitzbogenfenstern, deren Maßwerke aus Fischblasenmustern bestehen; der Chor schließt halb achteckig und hat an einem seiner Ostpfeiler die Jahreszahl 1472, das Jahr der Erbauung der Kirche. Über dem Spitzbogenportal der Südseite des Schiffes ist, sehr schön und alterthümlich gearbeitet, der Oettingen’sche Wappenschild mit großem Helm darüber eingemauert, dabei liest man 1487. Um diese Zeit mag der Stein eingesetzt worden sein; er befand sich ohne Zweifel an der früheren Kirche und wurde wohl schon im Jahre 1336 gefertigt, in welchem Jahre Kerkingen an die Grafen von Oettingen übergieng. Die Westfront der Kirche ist fensterlos und trägt auf ihrem schlanken Giebel ein Steinkreuz. Das ganz verzopfte Innere hat Spiegeldecken

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0331.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)