Seite:OberamtNeresheim0410.jpg

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ist jedoch in neuerer Zeit ganz anders geworden und wenn sich auch noch zuweilen der alte Hang zum Betteln zeigt, so wird auch dieser bald vollends ganz verschwinden; es ist zu bedauern, daß die Schloßberger keine Feldmarkung haben, um sich durch landwirthschaftlichen Betrieb ihr Auskommen sichern zu können; wäre eine solche vorhanden, dann würden sie gewiß sie fleißig bebauen, davon haben sie ein sprechendes Beispiel abgelegt an dem steilen, sterilen Flochberg, von dem sie einen Theil mit bewunderungswürdigem Fleiß und großer Mühe urbar machten und meist mit Kartoffeln anpflanzten.

Diese Gemeinde ist die jüngste im Bezirk. Die katholischen Grafen von Oettingen, theils um mehr Unterthanen zu bekommen, theils um eine größere Anzahl von Glaubensgenossen herbeizuziehen, erlaubten allem Volk, sich am Flochberger Schloßberg anzusiedeln. 1689 wurden die Schloßgüter zu 9 Feldlehen gemacht und jedes um 60 fl. verkauft; später errichtete man c. 50 Gnadenhäuschen, deren es 1840 schon 66 waren und 8 in Flochberg. Dahin strömten dann hauptsächlich Bettler u. sog. Freileute von allen Seiten herbei (natürlich ein von den Alteingeborenen der Gegend merklich abweichender Menschenschlag) und bildeten eine Bettlerkolonie, welche die Gegend weit umher ausbeutete, wobei die Leute die Orte unter sich vertheilten; andere betrieben die Abdeckerei und nicht selten wurde auch zum Diebstahl gegriffen. Diese Übelstände hauptsächlich führten zu der Maßregel, aus dieser anfänglich mit Flochberg verbundenen Ansiedlung eine eigene Schultheißerei zu bilden, welche in Aufsicht und Fürsorge des Staats genommen wurde. Eine Industrieschule war schon 1827–28 errichtet worden.

Kirchlich bildet die Gemeinde ein Filial von Flochberg.


Schweindorf.
Gemeinde III. Kl. mit 348 Einw., wor. 1 Kath. a. Schweindorf, Pfarrdorf, 316 Einw., b. Mörtinger-Höfe, Weiler, 32 Einw. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Kösingen eingepfarrt. 2 Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der rings von bewaldeten Anhöhen geschützt umgebene große, mit guten Straßen versehene Ort liegt selbst auf leichter Erhebung zwischen Obstgärten sonnig und freundlich und macht trotz seiner meist einstockigen, häufig mit Stroh bedachten Häuser doch den Eindruck eines wohlhabenden und geordneten Bauerndorfes. Das hochgelegene Pfarrhaus und der Kirchthurm gewähren hübsche und ziemlich weite Aussichten.

Die sehr alte aus löcherigem Basalttuff erbaute Kirche steht im westlichen Theil des Orts und trägt noch verschiedene deutliche Spuren ihres hohen Alterthums; so ist an der fensterlosen Westfront noch der ursprüngliche (flachere) Giebel sichtbar, an den vier Ecken des

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0410.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)