Seite:OberamtTuttlingen0271.jpg

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1534 24. Mai huldigte Tuttlingen dem H. Ulrich wieder (St. Arch.), worauf Lichtmeß 1535 die Reformation daselbst eingeführt ward. Dieselbe fand Anfangs viele Gegner, wegen der katholisch bleibenden Umgebung. Der erste Pfarrer war M. Franz Wiser. Während des Interims war Pfarrer und Spezialsuperintendent der bekannte Jakob Manlius. Er zeigte bei der Visitation 1551 durch Isenmann an, daß er und Matthäus Renner zu Trossingen in dieser Vogtei allein das Evangelium sincere predige, die anderen Pfarren werden zum Theil deserirt, etliche von papstischen und losen Leuten verlegt. Von Thuningen berichtet der Keller: Nachdem der Prädikant geurlaubt worden, ist ein Meßpfaff dahin verordnet, dem ein Bezirk 5 Meilen von Rottweil verboten gewesen, den haben der Obervogt und ich im Flecken nicht dulden wollen und ihn damit hinwegzuziehen verursacht. Dieselb Pfründ vacirt jetzt. Noch 1552 werden Neuhausen, Effingen und Aldingen von Meßpfaffen über Land versehen und die armen Leute um ihre Zehnten und Almosen, die Kirchen raubisch von Kollatoren und Possessoren zum Theil beraubt, mit ärgerlichen, gotteslästerlichen Lehren, Zerimoniis und pravis exemplis gebracht. Der Pfaff zu Hausen o. V. kommt in der Woche einmal oder zweimal gen Aldingen, hält Meß und sagt ihnen zu Zeiten ein wenig vom Evangelium, denn er kann nit viel dazu. Thalheim hat einen jungen kunstlosen Meßpfaffen, der hat sich weder bei meines gn. Fürsten und Herren Räthen, noch bei den Amtleuten zu Tuttlingen angemeldet, darauf auf fürstlichen Befehl die Kirch vor ihm verschlossen und nachdem er die Pfarrgefäll üppig verthan, ist er davon gezogen, die Kirch öd gelassen, deren sich Jak. Manlius zu Tuttlingen auf beschehen Begehren angenommen. Die Kollatores geben ihm pro labore nichts. In Neuhausen hat manches in vielen Jahren keine rechte Predigt nie gehört, denn sie wohl 40 Jahre einen Meßpfaffen gehabt, der selbst den Weg, wie ich sorg, in Himmel nit gewußt habe. (St. Arch.)

Noch 1545 sollen viele Grafen, Ritter und Herren auf dem Rathhause zu Tuttlingen eine Versammlung behufs Wiedereinführung der katholischen Religion gehalten haben. 1585–89 herrschte eine pestartige Seuche. 1598 wurde ein großes Hagelwetter „durch Hexen angerichtet“. 1611 stand Stadt und Kirche unter Wasser, worauf Sterben unter Mensch und Vieh folgte, es starben 306 Personen, von 900 Stück Vieh blieben nur 60 übrig. 1612 28. Nov. war H. Joh. Friedrich hier auf der Reise nach

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0271.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)