Seite:OberamtTuttlingen0532.jpg

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der Pilz wächst auf dem oberen, begrasten Felsen. Auf festem Sandboden der Spundstäubling: Tulostoma mammosum Fries. In den Nadelwaldungen im Frühjahr die Spitzmorchel, Morchella conica Pers., fleißig zum Küchengebrauche gesammelt, getrocknet und verkauft, pro 100 Stück wird 1 Franken bezahlt. Seltener findet sich die noch schmackhaftere M. esculenta Pers. Im heurigen Pilzjahre (1878) auch die seltene Kappenmorchel, Helvella elastica Bull. Auch in den hiesigen Waldungen findet sich die schöne Peziza aurantia Oeder. Auf dem fetten Boden des „Kleintannenwaldes“ im Sommer und Herbst der stinckende Phallus impudicus L., schon von Ferne durch seinen unausstehlichen Geruch sich anzeigend.

Nachdem 1876 und 1877 Spätsommer und Herbst für die Pilzbildung äußerst ungünstig waren, brachte uns das Jahr 1878 leider einen großen Reichthum an diesen Gewächsen. Durch die feuchtwarme Witterung mit unaufhörlichem Regen entwickelte sich namentlich der Traubenpilz, Oidium Tuckeri Berk in sehr verderblicher Weise, vorzüglich alte Stöcke an Hausreben u. dgl. befallend. Nach meinen Beobachtungen ist hauptsächlich das schwarze Gewächs von der Kalamität betroffen worden.

Aber auch die übrigen Pilze verursachten nicht geringen Schaden, hie und da an Gartengewächsen, z. B. der Kürbispilz an Gurken, Pilze an Bohnen u. s. w. Das Heer der Agaricinen war diesesmal besonders häufig in den Waldungen anzutreffen, von ihnen seien nur erwähnt die beiden Fliegenschwämme Agaricus muscarius L. und Ag. rubescens Pers., sowie als besonders stattlich der Parasolpilz: Ag. procerus Scop.

Auf das massenhafte Auftreten des eßbaren Cantharellus cibarius Fries und der Clavaria Arten wurde sogar in den Blättern im Seekreis aufmerksam gemacht, so viel mir bekannt übrigens ohne Erfolg; unsere Mägen scheinen eigentlich doch nicht auf das Pilzessen eingerichtet zu sein.

Von Flechten, an und zwischen den Klingsteinfelsen: Collemma turgidum Ach., mit C. granosum Wulf., sehr in die Augen fallend sind Amphiloma elegans Lk., Rhizocarpum (Lecidea) geographicum L., und Imbricaria conspersa Ehrh., I. Acetabulum Neck. hie und da an Nußbäumen. Endocarpon miniatum Ach. an den Felsen; Urceolaria cinerea L., eine weitere Urceolaria (Krugflechte) mit schneeweißem Thallus und großen Apothecieen mit sehr dickem, eingebogenem Laubrande

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 532. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0532.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)