Seite:OberamtTuttlingen0570.jpg

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10. Eimer 720 fl. Im August 1641 trieb er den Überlingern 100 Kühe weg. Am 9. Okt. erschien der kaiserliche Feldzeugmeister von Sparr mit 3000 Mann. Die Festung wurde stark, aber ohne Erfolg beschossen, dagegen den Belagerern durch Widerholt viel Abbruch gethan. Am Ende des Jahrs zogen sie ab und ließen im Schrecken vor dem anrückenden Entsatz viel Material zurück. Bürster sah 2 Regimenter Fußvolk an Salem vorüberziehen, „gar elend gekleidet und heillos Volk, etliche schier ganz nackend und bloß, in solcher kalten Winterszeit, daß solche wohl zu erbarmen, und zu verwundern, wie sie sich also lang in solcher Kälte haben halten können, andere halb todt und ausgehungert, etliche vom Feuer und Kohlen ganz schwarz und verbrennt; wohl zu glauben, werden oftmals die gefrorenen Händ und Füß gar in das Feuer, ehe sie aufgefroren, gehalten haben; wären wohl zu erbarmen gewesen, ja wann sie nit auch so unbarmherzlich mit den Leuten umgiengen.“ Es waren in der Belagerung ungefähr 2730 Kanonenkugeln, 176 Granaten, 90 Feuerballen, 41 Ernstkugeln und 50 Stück Feuerwerk gegen die Festung abgeschossen worden. Aus den Wurfgeschützen gelangten aber nur 47 Granaten, 25 Feuerballen und eine Ernstkugel in die obere Festung, und auch diese richtete nur geringen Schaden an, so daß Widerholt spottend sagt, es seien nur 2 den Menschen sehr hochnöthige Orte zerstört worden. Getödtet wurden durch jene vielen Kugeln nur 5 Mann und die Frau eines Soldaten. 1642 war Widerholt in Verbindung mit Erlach wieder sehr thätig. Während ein Handstreich auf Wildenstein, sowie die Überrumplung von Konstanz mißlang, ward dagegen Tuttlingen am 21. Nov. erstürmt, Überlingen am 19. Jan. 1643 überrumpelt und reiche Beute gemacht. Nach der Niederlage seiner Partei bei Tuttlingen 24. Nov. 1643 versuchte man es beim Kommandanten von Hohentwiel wieder mit Vorstellungen; vergeblich. Er erwiderte, daß er durch sein Verfahren seinem Herzog am meisten zu nützen glaube, für den er volle Restitution verlangte. April 1644 begann wieder die Berennung der Festung, und nach der gelungenen Wiedereinnahme von Überlingen (10. Mai) die fünfte Belagerung durch den bairischen Feldmarschall Mercy, die aber mehr nur den wieder aufgenommenen Unterhandlungen Nachdruck geben sollte, zu denen Widerholt nach dem Falle Überlingens selbst geneigt war. Es kam auch 21. Mai zwischen den Bevollmächtigten unter Vorbehalt der Bestätigung des Herzogs von Wirtemberg, des Kaisers und des Kurfürsten von Baiern

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 570. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0570.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)