Seite:Oberamt Ravensburg 146.jpg

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Isny und Wangen waren die Mahlstätten; statt Altdorf und Isny früher Lindau und Leutkirch. Die Bevölkerung der Landvogtei, d. h. die Zahl der zu derselben steuerbaren Unterthanen, wurde auf 30.000 Einwohner berechnet. Die Einkünfte waren unbedeutend, da sie bloß in Hoheitsgefällen, Schutz- und Schirmgeldern, Jagdgerechtigkeiten, sodann noch in einem Antheil an dem Altdorfer Walde bestanden. Die hauptsächlichste Einkommensquelle waren zur großen Plage der Nachbarn die Zölle. Altdorf und Gebratshofen waren die Hauptzollstätten. Die Steuern flossen in die Landschaftskasse; nur von dem Flecken Altdorf und dem Cameraldorf Baienfurt kamen sie unmittelbar nach Ehingen.

Die Verwaltungsstellen der Landvogtei bildeten ein Collegium, das den Namen „Oberamt“ führte und aus fünf Mitgliedern bestand: 1) dem Landvogt, als Vorstand, 2) dem Landrichter, als Oberamtsrath, 3) einem Oberamtsrath, als solchem, 4) dem Rentmeister und 5) dem Landschreiber mit einem Registrator und zwei Kanzlisten. Unter dem Oberamte standen der Landschafts-Einnehmer, der Forstmeister, der Landvogtei-Arzt und andere Beamte, welche alle ihren Sitz zu Altdorf hatten. Das Amt eines Landvogts bekleideten die Grafen von Königsegg von 1644 bis 1806. Die Regalien hatte der Landvogt oder sein Amtsverweser allein zu verwalten. In Rechtssachen ging der Zug nach Innsbruck, im Übrigen stand das Oberamt Altdorf unter der Regierung in Freyburg. Die Gerichtsbarkeit der Landvogtei war getrennt von der des Landgerichts. Die erstere umfaßte die Civil- und Criminal-Gerichtsbarkeit, und wurde von dem Landvogtei-Amt ausgeübt, die letztere bestand bloß in der Civil-Gerichtsbarkeit über eigene und fremde Rechtsstreitigkeiten, und wurde von dem Landrichter und seinen Schöffen an den 4 Mahlstätten, gemeiniglich unter freiem Himmel, gehalten. In peinlichen Sachen, wobei es „um Haut und Haar ging“ übte der Flecken Altdorf, kraft kais. Privilegiums, das Blutrichter-Amt aus, nachdem die Untersuchung von dem Landvogtei-Amt geführt war.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_146.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)