Seite:Oberamt Tettnang 020.jpg

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Der Grund des Bodensee-Kessels liegt also tiefer als die tiefsten Gegenden des Würt. Unterlandes. Jene Tiefe befindet sich in der größten Breite des Sees, in der Mitte zwischen Friedrichshafen, Langenargen und Rorschach. Die früheren Angaben von der Tiefe des Sees wurden größtentheils unrichtig gefunden, namentlich die Angaben von der außerordentlichen Tiefe bei Mörsburg und Mehrerau; statt 1800 Fuß wurden bei Mörsburg nur 573 W. Fuß, und statt 2208 Fuß bei Mehrerau nur 201 F. als die größte Tiefe gefunden. Dagegen fand sich ein merkwürdiger Kessel bei Hegnau mit einer Tiefe von 768 Fuß. Eine andere merkwürdige Erscheinung wurde bei dem Einfluß des Rheins in den See beobachtet; es zeigte sich nämlich dort auf dem Seegrunde ein über eine Stunde weit in den See hinein sich erstreckendes, von hohen Böschungen oder Wänden begrenztes Thal, das seine Entstehung unstreitig dem Rhein-Einfluß verdankt. Im Übrigen wurde der tiefere Grund des Sees überall schlammig gefunden. Der Abfall des Seekessels von den Ufern aus zeigte sich nach der Beschaffenheit der Ufer verschieden: am steilsten ist er bei Mörsburg und Rorschach, an ersterem Ort hat der See unmittelbar an dem Felsenufer eine Tiefe von 122 Fuß, sonst nimmt der Fall meist langsam zu. Nachdem man durch die gedachten Untersuchungen, welche nach 13 Richtungen von 10 zu 10 Minuten angestellt wurden, die Beschaffenheit des Bodensee-Kessels näher kennen gelernt hatte, war es auch möglich, eine annähernde Berechnung seines cubischen Inhalts und seiner Wassermasse zu machen. Das Ergebniß dieser Berechnung war, daß wenn der Rhein mit seinem durch vieljährige Beobachtungen ausgemittelten Wasserabfluß bei Basel in den leeren Bodensee-Kessel flösse, er 2 Jahre und 20 Tage nöthig hätte, um denselben bis zu dem gewöhnlichen Wasserstande zu füllen.

Der Stand des Wasserspiegels wechselt nach den Jahreszeiten: im Winter ist es am niedrigsten, im Sommer, und

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 020. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_020.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)