Seite:Oberamt Wangen 138.jpg

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konservativ, während die Geschlechter und die meisten der reichen und angesehenen Familien der neuen Lehre, aber der alten Rathsform anhingen. Dieß hatte zur Folge, daß sich (1552) diese Familien zur Auswanderung entschlossen, aber damit auch den Gewerbfleiß und den Wohlstand von Wangen zu einem großen Theil mit sich nahmen; so zogen z. B. die Halder von Mollenberg nach Augsburg, wo ihr Geschlecht noch jetzt zu den blühendsten gehört; es wanderten ferner aus: die von Gugger, von Hinterhofen, von Seutter, von Furtenbach, von Grimmstein u. A. Die ärgsten Zerrüttungen hatte auch für Wangen der 30jährige Krieg in seinem Gefolge, schon in den ersten Jahren desselben (bis 1627) hatte die Stadt 47.841 fl. Einquartierungskosten getragen. Den 12. April 1632 nahm ein schwedisches Korps die Stadt ein und entwaffnete sie, indem alle Rüstungen und Munition (12 Stücke, 1 Mörser, 25 Doppelhaken, 101/2 Tonnen Pulver u. s. w.) aus dem Zeughause abgeführt wurden. In diesem und den folgenden Jahren betrugen die Quartier-, Requisitions- und andere Kosten 214.000 fl. Nur allein an den Kaiserl. Generalkommissär Ossa in Lindau hatte Wangen 45.000 fl. Kontribution zu bezahlen. 1646 besetzten die Schweden (unter Hofmark) die Stadt zum zweitenmal, wurden aber den 1. Aug. des folgenden Jahrs von den Kaiserlichen Truppen überfallen und in der Stadt selbst theils niedergemacht, theils gefangen genommen. Beidesmal war die Stadt gänzlicher Plünderung preisgegeben. Die Winterquartiere und Lieferungen während des spanischen Successionskrieges (1703 bis 1710) kosteten abermals 220.000 fl. Es läßt sich denken, wie durch solche Leistungen die Mittel erschöpft werden mußten und das Gemeinwesen um so mehr in Unordnung kam, als man nie daran gedacht zu haben scheint, wenigstens einen Theil des Schadens durch gute Ökonomie und angemessene Umlagen zu decken, sondern immer nur zu Anleihen seine Zuflucht nahm. Die zerrüttete Haushaltung führte Zerwürfnisse im Innern, Klagen und Kaiserliche Kommissionen (1705, 1712, 1717) herbei und verursachte neue Schulden. Der Mißwachs in den 70r, wiederholte große Überschwemmungen in den 80r Jahren des vorigen Jahrhunderts, die Feuersbrünste vom 13. Juli 1793 und 11. Mai 1794, welche 81 Häuser in Asche legten, endlich all das Elend, welches die französischen Revolutionskriege mit sich brachten[1] – zerstörten vollends die Überreste eines Wohlstandes, dessen Quellen längst versiegt waren. Neue Klagen und neue Kommissionen zeigten zwar die Schuldenlast, aber nirgends eine Abhülfe;


  1. Eine vom Stadtmagistrat der Schwäbischen Kreisversammlung übergebene Übersicht der von der Stadt von Anfang des Reichskriegs 1791 bis 1800 getragenen Kriegskosten sammt den Partikular-Erlittenheiten und Unglücksfällen gibt die Summe von 685.638 fl. 5 kr.
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Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)