Seite:Oberamt Wangen 243.jpg

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Wie auf die Beförderung der Landwirthschaft, so ist der Gutsherr, Graf von Beroldingen, auch auf die Verbesserung des Gewerbsbetriebs bedacht. Derselbe hat neuerdings eine sogenannte Kunstmühle (s. unten Parz. 14) und eine sehr vervollkommnete Sägmühle mit Maschinerien für Fournire u. dergl. eingerichtet. Auch bestehen hier 4 Sennereien. Im Ganzen ist der ökonomische Zustand der Gemeindeangehörigen befriedigend; die Gemeinde besitzt ein Armenhaus mit einem Fonds von gegen 4000 fl., allein beinahe keinen Armen, der öffentlicher Unterstützung bedürftig wäre. – Grundherr ist der Graf von Beroldingen. Die ganze Gemeinde bildet zugleich auch die Pfarr- und Schulgemeinde Ratzenried, zu welcher außerdem noch Schlichten (Gem. Eisenharz) und Dürren, Oberamt Leutkirch, gehören. Den Zehntbezug hat durchgängig die Pfarrei, und zwar seit länger als 100 Jahren in einem fixirten Geldsurrogat. Nur von Schwenden, das bis 1753 zur Pfarrei Meratzhofen, Oberamt Leutkirch, gehörte, bezieht die diesseitige Pfarrei bloß den Großzehnten.

Dieser Gemeindebezirk bildet zugleich das Territorium der ehemals reichsritterschaftlichen Herrschaft Ratzenried, welche ihren Namen von dem unter Parzelle 16 zu beschreibenden Schlosse trug. Ein altes Geschlecht der Ratzenriede scheint schon im vierzehnten Jahrhundert ausgestorben zu seyn.[1] In diesem Jahrhundert finden wir Ratzenried als Lehen des Kl. St. Gallen, welches 1369 Ratzenried die Feste mit dem Schlosse Bütz (?) und dem Dorfe Wetzelried an Hans von Molbrechtshausen, später an die Sirgen von Sirgenstein, 1419 an Walther von Königsegg, darauf an Hartmann von Praßberg, 1423 an Wilhelm Stüdli verlieh. Im Jahr 1453 besaß Walther von Hirnheim Schloß und Herrschaft Ratzenried, der sie in diesem Jahre ohne Erwähnung des Lehensherrn als freies Eigenthum an den Junker Johs Humpiß (Hundbiß) von Ravensburg verkaufte. Als Inhaber von Schloß und Herrschaft Ratzenried erneuerte letzterer 1460 sein Bürgerrecht in der Stadt Ravensburg. Seine Nachkommen nahmen nun den Namen und das Wappen der alten Ratzenrieder an, indem sie das letztere mit ihrem Familienwappen vereinigten.[2] Sie vereinigten die Herrschaft Arnsberg (Ansberg) mit Ratzenried, tauschten 1589 und 1590 mehrere Güter ein, die in der Nähe von Ratzenried lagen, und erkauften Schwenden. Dagegen veräußerte Ludwig von Ratzenried die fünfzehn Jahre zuvor von den Truchsessen erkaufte Herrschaft Bellamont (Oberamts


  1. So viel wenigstens, daß es alt war, ist aus der berüchtigten St. Emeramer Urkunde zu schließen erlaubt.
  2. Das Wappen der Humpiß-Ratzenried ist geviertheilt; auf 2 Feldern sind 3 laufende Hunde übereinander; auf den beiden anderen eine Rose. Die Pfarrkirche in Ratzenried enthält mehrere Monumente dieser Familie.
Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_243.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)