Seite:Posse Band 5 0158.jpg

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noch der Doppeladler der Kaiserinnen jene Attribute der Macht.

Wird der Reichsadler im Rahmen eines Schildes verwendet, so dienen seit Maximilian I. – unter Karl V. zwei Löwen III, Taf. 13, 3 – als Schildhalter zwei Greifen (III, Taf. 4, 4). So auch unter Ferdinand I. (III, Taf. 21, 1; 22, 4), Maximilian II. (III, Taf. 29, 1; 30, 1. 2), Rudolf II. (III, Taf. 36, 1), Matthias (III, Taf. 41, 6), Ferdinand II. (III, Taf. 47, 7; 48, 1. 2), Ferdinand III. (III, Taf. 54, 6), Leopold I. (III, Taf. 61, 1. 2), Josef I. (III, Taf. 70, 1. 2), Karl VI. (IV, Taf. 10, 2) und von Josef II. ab bis zur Auflösung des Reiches (IV, Taf. 36, 4–6; 37, 1–4; 39, 1. 2. 4; 42, 2; 44, 1. 2; 45, 1. 2. 5; 48, 2. 3; 49, 1–3; 50, 2; 51, 1. 4).

Zwei Greifen dienen auch seit Matthias (III, Taf. 44, 2) als Schildhalter des Reichsadlers im Revers des Doppelsiegels von Ungarn unter Ferdinand II. (III, Taf. 52, 2), Leopold I. (III, Taf. 66, 2) und Josef I. (III, Taf. 73, 2)[1].

Hieran knüpft sich die Frage, wie der Adler zum deutschen Kaiser- und Königswappen, zum Reichswappen, geworden ist[2].

Zu besonderer Bedeutung gelangte der Adler als Reichssymbol bei den Römern, wo er zur Hauptfahne jeder Legion gemacht wurde, und auf Münzen und Gemmen der Imperatoren als Bekrönung des Zepters zum Zeichen der vom höchsten Gotte empfangenen Weltherrschaft erscheint. Später bildet das Adlerzepter durchgängig eine der Insignien, welche die Kaiser in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als römische Konsuln auszeichneten. Die Kaiser deutscher Nation übernahmen als Erneuerer der weströmischen Kaiserwürde, dieses römische Symbol mit der Kaiserkrone zum Zeichen des nunmehr angetretenen Erbes der Weltherrschaft.

Wenn schon gleichzeitige Quellen darüber schweigen, so lassen doch Nachrichten des 10. und 11. Jahrhunderts außer Zweifel, daß Karl der Große auf seiner aachener Pfalz einen ehernen Adler errichtete. Auch aus den Siegeln der Karolinger läßt sich in dieser Frage kein Anhalt gewinnen, da diese antike Gemmen zum Siegeln benutzten. Erst in der Zeit der Ottonen gewinnen wir aus der Betrachtung der Siegel einigen Aufschluß über den Adler als Symbol des Reiches.

Unter Otto I. kam nämlich ein neuer Siegeltypus auf: das Siegelbild stellt dar den gekrönten Herrscher en face, der in der Linken eine Weltkugel hält, die auf späteren Siegeln mit einem Kreuz auftritt. Noch zeigen die Siegel Ottos III. keine Spur vom Adlersymbol, während auf einer seiner Münzen der fliegende Adler erscheint, und Otto selbst nach dem Vorbilde der griechischen Kaiser auf einer Gemme das altrömische Konsularzepter mit dem Adler als Bekrönung einführte. Auf seinen Siegeln ist allerdings der Stab nur mit einer Kugel geschmückt. So auch unter Heinrich II., nur daß das Zepter oder der lange Stab entweder ganz ohne Schmuck ist, eine Lilie oder ein Kreuz, auch beide vereinigt, trägt.

Aber seit der Mitte des Jahres 1029 tritt im zweiten Kaisersiegel Konrads II. (I, Taf. 13, 2) eine Veränderung im Typus ein. Hier findet sich zum ersten Male im Siegel der Adler auf dem Zepter. Diese Darstellung wiederholt sich auch bis zu Konrads II. Tode, während die unter der Mitregierung seines Sohnes ausgegebene Bulle (I, Taf. 13, 6) die Beigabe des Lilienzepters wieder aufnahm.

Dagegen findet sich das Adlerzepter wieder auf dem Königssiegel und der Königsbulle Heinrichs III. (I, Taf. 14, 1–3). Wunderbarer Weise tritt in den Kaisersiegeln an seine Stelle der bis auf den Boden reichende, bloß mit einem Knauf bekrönte Stab, wie er sich bei dem zweiten Königssiegel neben dem Adlerzepter an Stelle des Reichsapfels vorfand (I, Taf. 15, 1. 2).

Heinrich IV. wendet in vier verschiedenen Siegeln und der Königsbulle (I, Taf. 16, 1–5; 17, 1) das Adlerzepter wieder an, gleichfalls übernanm Rudolf von Schwaben im Siegel das Adlerzepter seines Gegners (I, Taf. 18, 1), aber auch Heinrich IV., wie sein Vater, ersetzt es in den Kaisersiegeln durch den bis zur Erde reichenden langen Stab, der hier mit einer Lilie bekrönt ist (I, Taf. 17, 3–5). Doch ist damit, wie bildliche Darstellungen der Zeit bezeugen, das Adlerzepter nicht außer Gebrauch gekommen.

Mit Heinrich V. hört die Darstellung des Adlerzepters in den Siegeln auf. Sowohl als König, als auch als Kaiser gebraucht er das Lilienzepter, auf seinen Münzen aber wird der Adler gefunden.

Weder Siegel, noch Münzen Lothars III. enthalten eine Spur des Adlersymbols, auch unter Konrads III. Regierung tritt es nur wenig hervor, in seinen Siegeln und Münzen bleibt der bisherige Typus bestehen, d. h. der Herrscher wird nur mit Lilienzepter und Reichsapfel abgebildet.

Auffällig ist das Festhalten Friedrichs I. an diesem Typus, nachdem schon unter Heinrich V. und Konrad III. der Adler als Heerfahne im Gebrauch war und das Adlersymbol unter Friedrich I. viel stärker als früher hervortritt[3].

Den überlieferten Typus zeigen auch die Siegel der übrigen Staufer. Auf Friedrichs II. Königssiegel finden wir vorübergehend den Adler in medaillonartiger Umrahmung als Verzierung des königlichen Untergewandes (I, Taf. 28, 1). Außer einer Münze Friedrichs II. zeigt auch ein gleichzeitiges Werk, der Totenschrein Karls des Großen zu Aachen, in dem 1215 die Gebeine des heilig gesprochenen Kaisers von neuem geborgen wurden, das deutsche Reichswappen: der Schild des Schreines stellt dar einen stilisierten einköpfigen Adler.


  1. Als Schildhalter der Wappenschilde, ohne Adler, dienen den Erzherzögen unter Ferdinand I. zwei Greifen (III, Taf. 25, 1–3), sowie Greif und Löwe (III, Taf. 20, 1–3) und dann auch unter Ferdinand (III, Taf. 34, 2. 3. 10) und Karl II. (III, Taf. 35, 1. 2).
  2. Römer-Büchner, Der deutsche Adler 1858. – Seyler, Geschichte der Heraldik S. 6ff. – Hauptmann, Wappenrecht S. 243 ff. – Alfred R. Anthony v. Siegenfeld, Das Landeswappen der Steiermark 379ff. – E. Gritzner, Symbole und Wappen des alten deutschen Reiches 1902.
  3. Gritzner a. O. 31f.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)