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üblichen Form zufügte[1]. Es finden sich aber auch Urkunden von ihm und Ludwig dem Kinde, denen außer dem Signum auch das Siegel zugefügt ist, um auch ihrerseits den Inhalt der Urkunde des Vorgängers zu bestätigen[2].

Vereinzelt bleibt der Fall, daß Friedrich I. eine Urkunde seines Vorgängers Lothars III., eine Nachzeichnung des wohl in Verfall geratenen Originals, bestätigte, eine Nachzeichnung, der man das von der Urkunde losgelöste Originalsiegel Lothars dem des Bestätigers bei fügte[3].

Die Könige, die so häufig um Bestätigung der von Reichangehörigen vollzogenen rechtlichen Handlungen angegangen wurden und diese durch Ausstellung eigener Diplome bewirkten, haben nur selten fremde Urkunden durch ihr Siegel beglaubigt[4].

Für die karolingische und sächsische Zeit ist nachweisbar keine Privaturkunde durch den König besiegelt worden[5]. Dagegen lassen sich einzelne Fälle im elften Jahrhundert nachweisen[6] und sind


vermutlich verloren gegangenen Siegel an den genannten Diplomen Heinrichs III. zu ersetzen. Vgl. Wibel (N. Archiv 35, 253) und Bode, Goslarer Urkundenbuch 1 S. 129. 133. 348. Vgl. auch S. 113. 118.

BF 170. Echte Urkunde Philipps mit dem Siegel Friedrichs II., das an Stelle des verlorenen von dem Besitzer der Urkunde zugefügt wurde. Vgl. S. 221.

Ficker, Beiträge 2, 201 machte auf ein sehr auffallendes Beispiel aus der Zeit des 14. Jahrhunderts aufmerksam. An der Urkunde Ludwigs IV. 1314 Dez. 24 (Reg. Lud. 40 Or. Frankfurt a. M.), die ganz unverdächtig ist, hängt das Siegel König Rudolfs I. (II, Taf 50, 4 = I, Taf. 40, 5). Ficker glaubt, daß, da kaum an etwas anderes zu denken sei, als an ein Vergreifen im Siegelstempel, der Fall deshalb Wert habe, weil er beweise, wie weit die Nachlässigkeit, in der Kanzlei in solchen Dingen gehen konnte. Damit würde aber, bei Fickers Annahme, der Beweis geführt sein, daß nach dem Tode des Königs der Siegelstempel Rudolfs I., wie das in einzelnen Fällen nachweisbar ist (S. 142), nicht zerschlagen, sondern in der Reichskanzlei aufbewahrt worden sein. Eine nähere Untersuchung des Siegels ergibt jedoch, daß mit einem scharfen Instrumente die beiden Teile der Siegelschnur von hinten aus der Schale zum Zwecke der Verpflanzung von einer Urkunde Rudolfs I. an die Urkunde Ludwigs IV. losgelöst wurde. Man sieht (II, Taf. 52, 4) genau die Spuren, wie die Schnur mit den Fingern wieder eingebettet worden ist.

Urkunde Karls IV. 1346 Aug. 4 (II, Taf. 57, 5. 6 Or. Coblenz), wo dieser noch gar nicht König war. Die Schrift auf Pergament ist aus dem 17., aber Nachahmung des 11. Jahrhunderts. Lindner a. O. 205. Die Untersuchung des Siegels ergibt, daß es ein solches von König Adolf (II, Taf. 57, 5. 6 = I, Taf. 43, 2) ist. Die obere Siegelplatte ist vom Fälscher losgelöst, die Siegelfäden sind mit Platte und Schale wieder vereinigt worden.

  1. Ficker, Beiträge 1, 280.
  2. Urk. Karl III. 887 Sept. 21, MR 1759 (1712), Sybel u. Sickel, Kaiserurk. in Abb. Lief. IV, 2. In gleicher Höhe mit der Unterschriftszeile Arnulfs sehen wir den durch die Faltung entstandenen Abdruck des Randes eines Siegels, das einst da befestigt gewesen sein muß, wo jetzt rechts vom Handmal Arnulfs das Pergament zerstört ist. Also ist das Diplom einst nicht allein mit Karls Siegel, sondern auch mit dem Arnulfs versehen worden, und zwar ergibt die Messung des Randes, daß hier das dritte Siegel Arnulfs (I, Taf. 4, 8) angewandt worden ist. Es kann nicht Wunder nehmen, daß die spätere Subskription Arnulfs von demselben Manne geschrieben ist, der 887 das Diplom Karls lieferte, da wir diesen Schreiber bis in das Jahr 896 verfolgen können.
    Urk. Arnulfs 892 Nov. 3, MR 1877 (1826), von Ludwig nicht nur durch Eintragung der von Simon (seit 906 in dessen Kanzlei) geschriebenen Signumzeile, sondern auch durch Besiegelung bestätigt. Vgl. Ficker, Beiträge 1, 284, 309.
  3. Urk. Kaiser Friedrichs I. 1179 Aug. 17 (St. 4289 Or. Dresden), eine Bestätigung der von Lothar III. am 7. Aug. 1136 (St. 3323) über die Gründung des Klosters Kaltenborn ausgestellten Urkunde. Die Lotharurkunde (St. 3223), eine leidlich geschickte Nachzeichnung einer von dem bekannten Kanzleischreiber Eckehard A. geschriebenen Urkunde, deren Diktat der Reichskanzlei angehört (Schultze, Urk. Lothars III. S. 139), hat auf einem leergelassenen Rest des Pergaments die Bestätigungsformel Friedrichs I., die in ihrer Schrift zeitentsprechend ist, und der Formel der Urkunde gleichen Datums (1179 Aug. 17 St. 4290) für Kaltenborn entspricht, nur daß feliciter amen, wohl um Raum zu sparen, weggelassen ist. Weiter ist die Bestätigung noch durch ein an gelb- und rotseidenen Faden hängendes Siegel des Kaisers beglaubigt, das im Texte nicht angekündigt ist. Die Besiegelung ist original. Nahe der äußeren linken Ecke des Pergaments hängt der echte Siegel Lothars III. (I, Taf. 20, 4). Man sieht, wie es durchschnitten und in eine Wachsmasse, in der vorher an zwei verschiedenen Stellen eingeknüpfte rotseidene Schnuren und Bänder eingelegt waren, eingelassen wurde. Wahrscheinlich war die Urkunde von 1136 beschädigt. Um ihren Inhalt zu retten, fertigte man die Nachzeichnung an, das echte Siegel der verfallenden Urkunde, das dem Original aufgedrückt war, hing man nach der inzwischen Mode gewordenen Anhängung des Siegels dieser an. Um so beabsichtigter erscheint aber die Anfertigung einer Kopie zum Zwecke der Neubestätigung, als man das Siegel an der äußeren Ecke anhing, um für die Beglaubigung und Siegelung durch Friedrich I. Platz zu gewinnen. Anscheinend legte man im Kloster Kaltenborn deshalb so großes Gewicht auf eine beweiskräftige Kopie, weil in St. 4290 der von Lothar III. betreffs der Vogteirechte über das Kloster getroffenen Bestimmung Erwähnung geschieht – vestigiis felicis memorieLotharii impertoris inherentes. Vgl. Ficker, Beiträge 1, 31. – Posse, Lehre von den Privaturk. S. 80 Anm. 1. Abb. der Urk. bei Sybel und Sickel, Kaiserurk. X, 13c.
  4. Breßlau, Urkundenlehre 1, 714.
  5. Sickel, Acta 1, 190. Vgl. Forsch. zur deut. Gesch. 18, 508. Ficker, Beiträge 1, 223. 283. Huillard-Bréholles, Hist. dipl. Fried. II. Introd. S. LXII. Breßlau im N. Archiv 6, 557 und Urkundenl. 1, 714. Die Privaturkunden bei Dronke, Cod. dipl. Fuld. 156, No. 323 [MR 614 (594)] ist eine um 1100 angefertigte plumpe Fälschung.
  6. 1033 Urk. des Bischofs Kadeloh von Naumburg (Or. Naumburg, gedr. Lepsius, Gesch. d. Hochst. Naumburg 1, 98) mit Resten des alten Kaisersiegels Konrads II. (I, Taf. 13, 3). Hier können Beziehungen des später selbst zum Kanzleramt gelangten Bischofs zur Kanzlei einen ungewöhnlichen Vorgang verursacht haben. Erben, Urkundenlehre 1, 188.
    St. 2634a. 1063 Dez. 28. Urk. des Bischofs Wilhelm von Utrecht (Gedr. van den Bergh, Oork. 1, 54): regali autoritate confirmari postulavimus. Die in der königlichen Kanzlei mit Rekognition und vollkommen korrekter kanzleimäßiger Datierung versehene Urkunde ist vielleicht auch vom König besiegelt gewesen.
    St. 2692. 1066 Urkunde des Bischofs Lietbert v. Cambrei für das Chorherrenstift S. Aubert zu Cambrai.
    St. 3115. 1114. Schenkung eines Gutes an das Kloster Münster-Eifel durch Justina (nur in Abschrift erhalten. Gedr. Beyer, Mittelrhein. Urk. 1, 491): et ne haec traditio postea aliquorum calumpnia quassaretur, scripto annotata et domno Heinrico quinto Romanorum imperatori augusto praesentata eo percipiente presenti sigillo confirmata est.
    St. 3196. 1124 April 25. Heinrich V. bestätigt durch Aufdrückung seines Kaisersiegels eine Urkunde des Stifters des Klosters Ensdorf (Or. München. Gedr. Mon. boica 24, 14): et ut hoc privilegium stabile et inconvulsum perpetualiter permaneat, ego Heinricus imperator sigilli nostri impressione firmamus et corroboramus in nomine domini amen. Vgl. Ficker, Beiträge 1, 289.
    [218] Ficker, Beiträge 1, 223 erwähnt zwei Fälle zum Jahre 1095 und 1096 (Beyer, Mittelrhein. Urkundenb. 2, 22 u. 1, 447). Die Urkunde (1095) des Grafen Heinrich von Luxemburg (imperiali sigillo et auctoritate confirmari postulavimus et divina amminiculante dementia impetravimus) und (1096) Urkunde eines Privaten (institui hanc cartam conscribi et imperiali auctoritate et sigillo confirmari). Die Datierung von Urkunde 1095 deutet zunächst lediglich auf die Handlung; es steht nichts im Wege, daß die Beurkundung erst nach des Kaisers Rückkehr aus Italien geschrieben und vom Kaiser selbst durch Anhängung seines Siegels beglaubigt wurde. Betreffs der Urkunde von 1096 ist zu bemerken, daß der Kaiser 1096 in Italien war. Stimmt in der Datierung 1096, ind. 4, regni 41, imp. 14 die Indiktion zum Jahre 1096, so stimmen beide Regierungsjahre auf 1097 März bis Oktober. Da aber war der Kaiser in Deutschland.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0218.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)