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Waldwiese. Die Sonne neigte sich soeben zum Untergang, und oben in den Wipfeln der Bäume sangen die Vöglein ihr Abendlied. – Hatte er denn geträumt oder war es Wirklichkeit gewesen? – Kopfschüttelnd stand der Bursche auf und ging nun nach Kleinwolmsdorf. Dort erzählte er den Leuten, was ihm Seltsames im wüsten Dorfe begegnet war.


Wie das Frauenholz zu seinem Namen gekommen sein soll.

Einen Teil des wüsten Dorfes Reinhardtswalde bildet das „Frauenholz“. Und wie kam das zu seinem Namen? –

     Eine lange Zeit nach der Zerstörung des Dorfes wurde die Reinhardtswalder Flur auf staatliche Anordnung hin geteilt. Hierzu setzte man einen bestimmten Tag an. Die Bewohner von Erkmannsdorf, Kleinwolmsdorf und Wilschdorf, da hier noch Nachkommen der geflüchteten Reinhardtswalder lebten, hatten Einladung von der Behörde erhalten. Sie sollten die Flur des untergegangenen Dorfes gegen Erlegung der rückständigen Steuern übernehmen. Doch die Wilschdorfer erschienen gar nicht. Sie verzichteten. Darum wurde die Reinhardtswalder Flur den Erkmannsdorfern und Wolmsdorfern zugesprochen. Bei jener Verteilung ging aber nicht alles ab. Eine Reinhardtswalder Frau, die in Kleinwolmsdorf Nr. 66 wohnte, sagte: „Ich nehme, was übrig bleibt!“ – Und es blieben 34 Acker (68 Scheffel)[WS 1] Wald übrig. Jenes Waldgebiet wurde nun der betreffenden Frau zugesprochen. Darum nannten fortan die Leute den Wald „der Frau ihr Holz“ oder das „Frauenholz.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. 34 Acker entsprechen 188.162,8 m² in Kursachsen (ca. 18,8 Hektar, siehe alte Flächenmaße)
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Reinhardtswalder Sagenbüchlein. Buchhandlung Otto Schmidt, Arnsdorf in Sachsen 1924, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reinhardtswalder_Sagenb%C3%BCchlein_Fr._Bernh._St%C3%B6rzner_13.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)