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Seite:Schiller Maria Stuart 226.jpg

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Verloren! Welche Perle warf ich hin!
Welch Glück der Himmel hab’ ich weggeschleudert!
– Sie geht dahin, ein schon verklärter Geist,
Und mir bleibt die Verzweiflung der Verdammten.
– Wo ist mein Vorsatz hin, mit dem ich kam,
Des Herzens Stimme fühllos zu ersticken?
Ihr fallend Haupt zu sehn mit unbewegten Blicken?
Weckt mir ihr Anblick die erstorbne Schaam?
Muß sie im Tod mit Liebesbanden mich umstricken?
– Verworfener, dir steht es nicht mehr an,
In zartem Mitleid weibisch hinzuschmelzen,
Der Liebe Glück liegt nicht auf deiner Bahn,
Mit einem eh’rnen Harnisch angethan,
Sey deine Brust, die Stirne sey ein Felsen!
Willst du den Preiß der Schandthat nicht verlieren,
Dreist mußt du sie behaupten und vollführen!
Verstumme Mitleid, Augen, werdet Stein,
Ich seh sie fallen, ich will Zeuge seyn.

(Er geht mit entschloßnem Schritt der Thüre zu, durch welche Maria gegangen, bleibt aber auf der Mitte des Weges stehen.)

Umsonst! Umsonst! Mich faßt der Hölle Grauen,
Ich kann, ich kann das Schreckliche nicht schauen,
Kann sie nicht sterben sehen – Horch! Was war das?
Sie sind schon unten – Unter meinen Füßen
Bereitet sich das fürchterliche Werk.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_226.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)