Seite:Tacitus Germania Baumstark 30.jpg

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dessen Himmel schärferer Stimmung sind. Nicht zu Germaniens Völkern zähle ich, obgleich jenseits des Rheins und der Donau gesiedelt, Jene, so die Zehntlande bauen. Allerleichteste der Gallier und durch Noth verwegen haben diesen Boden zweifelhaften Besitzes eingenommen. Seit dann der Grenzwall gezogen ward und die Schutzwerke vorgeschoben, gelten sie als ein Vorland des Reichs und als Provinztheil.

30.

Ueber diesen hinaus beginnen die Chatten den Anfang ihrer Sitze von dem Hercynischen Walde her, in nicht so hingebreiteter und sumpfiger Landschaft, wie die übrigen Staaten, in welche Germanien sich öffnet; denn Hügel dauern fort, werden allmälig seltener, und seine Chatten begleitet zugleich der Hercynische Wald und setzt sie ab. Das Volk hat härtere Körper, straffe Glieder, drohende Miene und größere Lebendigkeit des Geistes. Sie haben, für Germanen, viel Berechnung und Geschick: Erlesene an die Spitze stellen, auf die Vorgesetzten hören, Reih’ und Glied halten, die Gunst des Augenblicks erkennen, den Sturm aufschieben, des Tages verfügen, die Nacht umwallend sichern, das Glück unter Zweifelhaftes zählen, die Tapferkeit unter das Sichere, und, was das Seltenste und nur bei Berechnung wahrer Kriegsordnung möglich, mehr auf den Führer geben, als auf das Heer. Ihre ganze Stärke ist im Fußvolk, welches außer den Waffen auch mit Eisengeräth und Mundvorrath belastet wird. Andere sieht, man in’s Treffen ziehen, die Chatten zum Kriege: selten sind Streifzüge und zufälliges Gefecht. Den

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Publius Cornelius Tacitus: Die Germania des Tacitus. Freiburg i. Br.: Herder’sche Verlagshandlung, 1876, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tacitus_Germania_Baumstark_30.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)