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5. Die gottesschänderischen Juden.

In den Jahren 1509 und 1510 trieben die Juden in der ganzen Mark Brandenburg viele Abscheulichkeiten, besonders auch in der Altmark. Unter anderen waren am Mittwoch nach Lichtmessen im Jahre 1509 aus der Kirche des Dorfes Knoblauch im Havellande, mittelst Erbrechung des Sacramenthäusleins, eine vergüldete Monstranz und darinnen zwei geweihete Hostien gestohlen. Der Dieb hieß Paul Frohm, ein Kesselflicker aus Bernau. Er hatte, wie er nachher bei seiner Verhaftung bekannte, eine der Hostien selbst genossen, die andere aber für einen märkischen Groschen an den Juden Salomon in Spandau verkauft. Der Jude hatte ihm das Geld in eitel neuen Berlinischen Pfennigen bezahlt. Auf dieses Bekenntniß des Diebes wurde der Jude Salomon von Spandau gefänglich eingezogen und gen Berlin gebracht, wo er den Handel eingestand, auch bekannte, daß er die Hostie vor sich auf einen Tisch gelegt, mit Messern darein gehauen und gestochen, und sie mit lästerlichen Worten verfluchet und geschmähet habe, worauf sie, obgleich er sie nicht zerbrechen oder zerreißen können, zuletzt auf einmal in viele Stücklein von einander gesprungen sei. Als er solches gesehen, sei er sehr erschrocken worden, und habe sich unterstanden, eins von den Stücklein zu verschlucken, was ihm aber unmöglich gewesen. Er habe darauf zwei der Stückchen genommen, und jedes in ein blechernes Büchslein, einen Daumen lang, gelegt, solches wohl petschiret, und also eins davon seinem Sohne gen Brandenburg, das andere dem Juden Marx gen Stendal in der alten Mark geschicket. Durch dieses Bekenntniß des Juden Salomon ist der Churfürst verursachet worden, alle Juden in seinen Landen und Städten festzunehmen, uns bis zur ferneren Erkundigung der Schuldigen gefänglich

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_008.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)