Seite:Tragoedien nebst einem lyrischen Intermezzo 149.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
260
Dort saß er schweigend, ohne Speis’ und Trank,

Drey Tage lang. Doch wie er da hervorkam,
Schien er wie umgewandelt. Ruhig war er,
Befahl den Knechten: all sein’ Hab’ und Gut
Auf Maulthier’ und auf Wagen aufzuladen;

265
Befahl den Weibern: uns mit Wein und Brod,

Für eine lange Reise zu versorgen.
Als das geschehn, nahm er in seine Arme,
Und trug es selbst, das allerbeste Kleinod,
Die Rolle der Gesetze Mahomets,

270
Dieselben alten, heil’gen Pergamente,

Die einst die Väter mitgebracht nach Spanien.
Und so verließen wir der Heimath Fluren,
Und zogen fort, halb zaudernd und halb eilig,
Als wenn es unsichtbar, mit weichen Armen

275
Und schmelzend lieber Stimm’, uns rückwärts zöge,

Und dennoch Wolfsgeheul uns vorwärts triebe.
Als wär’s ein Mutterkuß beim letzten Scheiden,
So sogen wir begierig ein den Duft
Der span’schen Myrten- und Zitronen-Wälder;

280
Derweil die Bäume klagend uns umrauschten,
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_149.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)