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In dumpfen Träumen befangen.
Er war so hölzern, und täppisch, und links,
Die Blümlein und Mägdlein, die kicherten rings,

1515
Wenn er stolpernd vorbey gegangen.


     Oft saß er im finstersten Winkel zu Haus;
Er hat sich vor Menschen verkrochen.
Da streckte er sehnend die Arme aus,
Doch hat er kein Wörtlein gesprochen.

1520
Kam aber die Mitternachtstunde heran,

Ein seltsames Singen und Klingen begann,
An die Thüre da hört er es pochen.

     Da kommt seine Liebste geschlichen herein,
Im rauschenden Wellenschaumkleide.

1525
Sie blüht und glüht, wie ein Röselein,

Ihr Schleyer ist eitel Geschmeide.
Goldlocken umspielen die schlanke Gestalt,
Die Aeugelein grüßen mit süßer Gewalt –
In die Arme sinken sich beide.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_229.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)