Seite:Uber den Einfluss des Korsetts auf die somatischen VerhaltnissPage3.png

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Seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts, da Söm­mering in die Contouren der mediceischen Venus ein nor­males Thoraxskelett einzeichnen ließ, um es mit einem durch die Schnürbrust veränderten weiblichen Torso zu vergleichen, ist über die schädlichen Wirkungen des Mieders soviel geschrieben worden, daß es fast vermessen erscheinen muß, diese Frage vor einem ärztlichen Forum neu aufzurollen. Denn, wie Hyrtl sagt, „ein Arzt, von dem man mit Fug und Recht voraussetzen darf, daß er die räumlichen Beziehungen des Thoraxskeletts, der Bauch- und Brusteingeweide genau kennt, bedarf keiner wortreichen Erörterung der Übelstände, welche durch eine am Becken ihre Stützpunkte findende Kompressions­maschine der Brust notwendig herbeigeführt werden und in welcher Brustübel, hohe Schulter, Rückgratsverkrümmungen, Cardialgie, Störungen des Kreislaufes, Krankheiten der Ge­schlechtsorgane, der Schwangerschaftsperiode und des Wochen­bettes ihre ersten Entstehungsmomente finden“.

Und seit Meister Hyrtl diesen Ausspruch getan, ist die Reihe der Krankheitszustände bereits wieder vermehrt worden, die man mit dem Gebrauche des Korsetts in ursäch­lichen Zusammenhang bringt.

Trotzdem wird derjenige Arzt, welcher Veranlassung findet, den vom Korsett bedeckten Organen und deren Affek­tionen sein besonderes Augenmerk zuzuwenden, zu der Über­zeugung gelangen, daß der Mechanismus der Korsettwirkung denn doch noch nicht in allen Punkten vollkommen klar liegen muß, sonst wäre es wohl nicht erklärlich, daß die einen Ärzte, und zwar Spezialisten von Rang, das Korsett absolut verwerten, die anderen es unter gewissen Bedingungen und in gewisser Form – auch außerhalb seiner Verwendung in der orthopädischen Chirurgie und Geburtshilfe – für zulässig erklären, ja selbst befürworten.

Es liegt durchaus nicht in meiner Absicht, Ihnen hier wieder einmal die wohlbekannten Veränderungen des