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Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815)

Und, bei Seite mit dem Prahlen!
Andre stehn genug zur Schau,
Denen heisse Mittagsstralen
Abgeleckt den Wehmuthsthau.

25
Wie bei alten Ritterfesten

Mit dem Tode zog Hanswurst,
Also folgen scherzhaft spitzige
Und, will’s Gott! erträglich witzige.
Aechtes Leid spaßt oft zum besten,

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Kennt nicht eiteln Thränendurst.


Lieder sind wir nur, Romanzen,
Alles nur von leichtem Schlag,
Wie man’s singen oder tanzen,
Pfeifen oder klimpern mag.

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Doch vielleicht wer stillem Deuten

Nachzugehen sich bemüht,
Ahnt in einzelen Gestaltungen
Größeren Gedichts Entfaltungen
Und als Einheit im Zerstreuten

40
Unsres Dichters ganz Gemüth.


Bleibt euch dennoch Manches kleinlich,
Nehmt’s für Zeichen jener Zeit,
Die so drückend und so peinlich
Alles Leben eingeschneit!

45
Fehlt das äußre freie Wesen,

Leicht erkrankt auch das Gedicht;
Aber nun die hingemoderte
Freiheit Deutschlands frisch aufloderte,
Wird zugleich das Lied genesen,

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Kräftig steigen an das Licht.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 004. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0004.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)