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Der Riese mit der Stange schlug,
Auslangend in die Weite,

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Jung Roland schwenkte schnell genug

Sein Roß noch auf die Seite.
Die Lanz’ er auf den Riesen schwang,
Doch von dem Wunderschilde sprang
Auf Roland sie zurücke.

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Jung Roland nahm in großer Hast

Das Schwerdt in beide Hände,
Der Riese nach dem seinen faßt’,
Er war zu unbehende;
Mit flinkem Hiebe schlug Roland

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Ihm unter’m Schild die linke Hand,

Daß Hand und Schild entrollten.

Dem Riesen schwand der Muth dahin,
Wie ihm der Schild entrissen,
Das Kleinod, das ihm Kraft verliehn,

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Mußt’ er mit Schmerzen missen.

Zwar lief er gleich dem Schilde nach,
Doch Roland in das Knie ihn stach,
Daß er zu Boden stürzte.

Roland ihn bei den Haaren griff,

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Hieb ihm das Haupt herunter,

Ein großer Strom von Blute lief
In’s tiefe Thal hinunter;
Und aus des Todten Schild hernach
Roland das lichte Kleinod brach,

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Und freute sich am Glanze.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0302.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)