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Der Königssohn, zu wissen,
Ob Leben in dem Bild,

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Thät seine Lippen schließen

An ihren Mund so mild.
Er hat es bald empfunden
Am Odem, süß und warm,
Und als sie ihn umwunden,

200
Noch schlummernd, mit dem Arm.


Sie streifte die goldnen Locken
Aus ihrem Angesicht,
Sie hob, so süß erschrocken,
Ihr blaues Augenlicht.

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Und in den Nischen allen

Erwachen Ritter und Frau,
Die alten Lieder hallen
Im weiten Fürstenbau.

Ein Morgen, roth und golden,

210
Hat uns den Mai gebracht;

Da trat mit seiner Holden
Der Prinz aus Waldesnacht.
Es schreiten die alten Meister
In hehrem, stolzem Gang,

215
Wie riesenhafte Geister,

Mit fremdem Wundersang.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0349.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)