Seite:Vermischte Schriften 063.jpg

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Gewänder fallen zu lassen und sich in seiner Nacktheit zu zeigen. Ich hatte nämlich den Vorsatz gefaßt, eine allgemein verständliche Darstellung der ganzen Hegel’schen Philosophie zu verfassen, um sie einer neuern Ausgabe meines Buches de l’Allemagne als Ergänzung desselben einzuverleiben. Ich beschäftigte mich während zwei Jahren mit dieser Arbeit, und es gelang mir nur mit Noth und Anstrengung, den spröden Stoff zu bewältigen und die abstractesten Partien so populair als möglich vorzutragen. Doch als das Werk endlich fertig war, erfaßte mich bei seinem Anblick ein unheimliches Grauen, und es kam mir vor, als ob das Manuscript mich mit fremden, ironischen, ja boshaften Augen ansähe. Ich war in eine sonderbare Verlegenheit gerathen: Autor und Schrift paßten nicht mehr zusammen. Es hatte sich nämlich um jene Zeit der obenerwähnte Widerwille gegen den Atheismus schon meines Gemüthes bemeistert, und da ich mir gestehen mußte, daß allen diesen Gottlosigkeiten die Hegel’sche Philosophie den furchtbarsten Vorschub geleistet, ward sie mir äußerst unbehaglich

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Vermischte Schriften. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vermischte_Schriften_063.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)