Seite:Vom Heerschilde 057.jpg

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Allerdings sind das nur schwache Spuren; in den Rechtsbüchern erscheinen Reichsbischöfe und Reichsäbte ganz in den Kreis des Reichslehnsverbandes hineingezogen, demselben an genau bestimmter Stelle eingeordnet, den gewöhnlichen Regeln desselben, so weit das irgend durchführbar war, unterworfen. Aber das lehnrechtliche System, wie die Spiegel es uns darstellen, ist nur allmählig aus sehr verschiedenen Wurzeln erwachsen; wie es einer längern Entwicklung bedurfte, um das Reichsamt in den Kreis lehnrechtlicher Anschauungen hineinzuziehen, so werden eben jene Spuren uns die Frage nahe legen, seit wann betrachtete man Reichsbischöfe und Reichsäbte als Mannen des Königs. Da der Reichsbischof vom Könige mit den Regalien investirt wurde, ihm dabei Treue schwur und neben andern Leistungen auch zur Heerfahrt und Hoffahrt, also zu den dem Lehnsmanne vorzugsweise obliegenden Diensten verpflichtet war, so lag allerdings eine solche Anschauung überaus nahe; dennoch scheint es, dass wir dieselbe nicht so gar weit über die Zeit der Rechtsbücher zurückversetzen dürfen.

Denn zunächst bestand jenes Verhältniss nicht blos zwischen dem Könige und den Reichskirchen. Aebte, und auch Bischöfe erhielten noch im eilften Jahrhunderte die Investitur in ganz ähnlicher Weise nicht allein von geistlichen, sondern auch von weltlichen Grossen verschiedenen Heerschildes;[1] hätte sich das Lehnsverhältniss der Geistlichen auf Grundlage der Investitur schon in jener Zeit gestaltet, so wäre es kaum zu erklären, dass, wenigstens in Deutschland, nur jene oberste Klasse geistlicher Würdenträger in den Kreis des Lehnrechtes hineingezogen, nur bei ihr die Investitur als Belehnung aufgefasst wurde, den weitern Heerschilden aber Geistliche ganz fern standen. Leichter erklärlich ist das, wenn wir annehmen, das Verhältniss habe sich erst nach der Zeit des Investiturstreites fester gestaltet; war die Laieninvestitur überhaupt verboten und während des Streites auch wirklich grossentheils beseitigt, während durch das Wormser

Konkordat doch dem Könige die Investitur der Reichsbischöfe

  1. Vgl. Reichsfürstenstand § 201 ff, § 224—228.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_057.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)