Seite:Vom Heerschilde 159.jpg

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welchen wir nach der später allgemein massgebenden Anschauung den fürstlichen Heerschild zusprechen müssen,[1] grösser, als im dreizehnten Jahrhunderte, wo sie auf die Besitzer der sieben Fahnlehen beschränkt erscheint; denn eine ganze Reihe nur vom Reiche beliehener Grafenhäuser starben im zwölften Jahrhunderte aus. So war den sächsischen freien Herren ein weiter Spielraum für Lehnsverbindungen gelassen, obwohl sie solche nur mit Fürsten eingingen. Anders in Baiern, Kärnthen und Schwaben; den ersten weltlichen Heerschild nach dem Könige können wir ursprünglich nur den drei Landesherzogen zusprechen, von welchen alle andern Grossen belehnt waren,[2] nur sie waren Fürsten in späterm Sinne; erst seit dem Ende des eilften Jahrhunderts mehrte sich diese Zahl allmählig durch die Eximirung der Zähringer, der Welfen, dann der Herzoge von Oesterreich, weiter der von Steier und Meran von der herzoglichen Gewalt. Die höhere Stellung im Heerschilde hatte hier denn auch noch in keiner Weise, wie in Sachsen, in dem Worte Principes einen Ausdruck gefunden; wir finden hier vielmehr nicht allein Herzoge und Grafen, sondern häufig die ganze Klasse der Edeln als Principes bezeichnet.[3] Wäre demnach auch hier dieselbe Anschauung massgebend gewesen, wie in Sachsen, so würde noch im zwölften Jahrhunderte der Markgraf von Oesterreich oder von Steier, oder später der von Baden oder Burgau denselben Heerschild mit dem einfachen Edeln gehabt, dieser würde seinen Schild geniedert haben, wenn er von jenen Lehen empfing. So ist es leicht erklärlich, wenn, als gegen Ende des zwölften Jahrhundert die oberste Lehnsstufe auch hier als Fürsten geschieden wurde, unter den übrigen freien Herren sich mannichfache Lehnsverbindungen fanden, aus wel- chen sich die doppelte Lehnsstufe der Hochfreien und Mittelfreien ergab.

Weisen so die allgemeinen Erörterungen überall in Uebereinstimmung mit dem Schwabenspiegel auf einen zweifachen Heerschild der freien Herren hin, so stimmen damit die Thatsachen

  1. Vgl. oben S. 118.
  2. Vgl. oben S. 117.
  3. Vgl. Reichsfürstenst. § 35. 37. 53. 58.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_159.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)