Seite:Vom Heerschilde 176.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

facere ministeriales abbas potestatem habeat,[1] Was darauf schliessen lassen könnte, dass dem Abte von seinen Ministerialen dieses Recht bestritten wurde. Ich möchte etwa annehmen, die Entwicklung habe sich hier in der Weise gestaltet, dass, nachdem sich die bevorzugte Stellung der ritterlichen Dienstmannschaft bestimmter ausgeprägt hatte, angesehene und begüterte Freie vielfach in dieselbe eintraten und sich eine Anschauung bildete, wonach dieselben, obwohl persönlich unfrei, sich dennoch das Recht der Schöffenbarkeit bewahrten, wozu der Fortbesitz freien Eigens den nächsten Anlass bieten mochte; die Dienstmannschaft schloss sich dann wohl so ab, dass der Herr nur noch Freie, nicht andere Unfreie in dieselbe aufnehmen durfte; und weiter mag man später die Rechte der Schöffenbarkeit auf alle Ritterbürtigen ausgedehnt haben.

Handelte es sich nun hier nicht blos, was genauerer Untersuchung bedürfte, um eine örtlich eng begränzte Entwicklung, waren auch sonst in Sachsen Ministerialität und die Rechte der Schöffenbarkeit vereinbar, stellt uns der Sachsenspiegel in dieser Richtung veraltete oder doch nur im nächsten Kreise des Ortes seiner Entstehung noch wirksame Zustände dar, so wird die anscheinend sehr geringe Zahl ritterbürtiger schöffenbarer Freien um so weniger befremden; wir dürfen annehmen, dass sie grossentheils in die Dienstmannschaften eingetreten sind. Und die Glosse stellt für ihre Zeit den Satz, dass der belehnte Richter schöffenbar frei sein solle, allerdings insbesondere für die Mark, wo diese Verhältnisse auch früher anders lagen, aber nebenbei doch auch für ganz Sachsenland als entschieden den Thatsachen widersprechend hin.[2]

Müssen wir nach allem annehmen, dass die ritterbürtigen Schöffenbaren durchweg Lehnsmannen oder Dienstmannen geworden waren, die unbelehnten Schöffenbarfreien aber als Bauern lebten, so können diese letztern um so weniger unter den Schöffenbaren des fünften Heerschildes zu verstehen sein, als ihnen als Lehnsunfähigen überhaupt der Heerschild nicht gebührte.

  1. Martene Coll. ampl. 2, 606
  2. Gl. zu Sächs. Ldr. 3, 54. vgl. Homeyer S. 534.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_176.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)