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81. Ein schreckliches Unwetter.

Ein wahrer Schreckenstag für die Bewohner der Radeberger und Bischofswerdaer Gegend war der 10. Mai des Jahres 1684. Um 3 Uhr Nachmittags zog von dem Elbtale her über Radeberg ein furchtbares Gewitter, das seinen Weg im Rödertale aufwärts nahm und die Ortschaften Kleinröhrsdorf, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Rammenau, Frankental, Geißmannsdorf, Burkau und Bischofswerda schwer heimsuchte. Das heftige Gewitter wurde von einem orkanartigen Sturme eingeleitet, der ganze Wälder umbrach, Dächer abdeckte, Häuser umwarf, Wagen, Menschen und Tiere von den Wegen und Feldern wegfegte. Der Tag wurde alsbald zur Nacht, die nur von den grellen Blitzen auf Augenblicke taghell erleuchtet wurde. Bald brach auch ein

Ansicht von Kleinröhrsdorf um 1840.

furchtbares Schloßenwetter los. Es fielen Eisstücken von der Größe der Tauben- und Hühnereier. In Radeberg wurden alle harten Dächer zerschlagen. Die Strohdächer auf den Häusern wurden förmlich zerdroschen. In den genannten Ortschaften blieb auch nicht eine Fensterscheibe ganz. Die Saaten der Felder waren in Grund und Boden geschlagen, und an den Obstbäumen war kaum noch ein Zweig zu sehen. Die im Freien befindlichen Schafherden wurden nach allen Himmelsrichtungen zersprengt; Hunderte von Schafen waren erschlagen worden, oder so arg zugerichtet, daß sie geschlachtet werden mußten. Selbst Pferde, Kühe und auch Menschen, die auf den Feldern von jenem Unwetter überrascht worden waren, wurden durch die niederstürzenden Eisstücken lebensgefährlich verwundet. Unzählige Vögel und andere Tiere verloren ihr Leben. Es schien, als sollte alles zu grunde gehen. Die Leute lagen in den Stuben und Kammern auf den Knien. Sie meinten, das Ende der Welt sei

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_192.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)