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135. Der Burgstall auf dem Ohorner Steinberge.

Eine Viertelstunde nördlich vom Sibyllensteine entfernt erhebt sich der 418 Meter hohe Ohorner Steinberg, der seinen Namen den zahlreichen Steinblöcken verdankt, welche seine Abhänge bedecken. Ueber ihn hinweg führt ein schmaler Pfad hinab nach dem am Nordostabhange gelegenen Dörfchen Rehnsdorf, zu dessen Rittergute der Steinberg gehört. Auf dem Scheitel dieses Berges befindet sich der sogenannte Burgstall, ein kreisrunder Erdwall, der, abweichend von der übrigen Bergoberfläche, zumeist aus lockerer, schwarzer Erde und aus einzelnen Steinen aufgebaut ist. Um den 4–6 Meter hohen Erdwall, den heute der Wald überzieht, läuft eine 200 Schritte lange und 5 Meter breite grabenähnliche Vertiefung. Der Wallkamm hat eine Länge von 120 Schritten, der Durchmesser des von diesem eingeschlossenen Kessels beträgt 40 Schritte. In dem Kessel befindet sich eine besondere Vertiefung, eine Grube, von 2–3 Meter Durchmesser und 1 Meter Tiefe. – Der Sage nach sollen unter dem Burgstalle unermeßliche Schätze vergraben liegen. Nicht unwahrscheinlich ist es, daß jene grubenartige Vertiefung inmitten des Kessels von Schatzgräbern herrührt. Doch es kann diese Vertiefung auch der Rest einer ehemaligen Wolfsgrube sein, wie man solche im 17. und 18. Jahrhundert hier in den umliegenden Wäldern anlegte. Man findet noch heute solche verfallene Wolfsgruben in der Nähe, z. B. am Steinhübel unterhalb des Sibyllensteines und im Walde zwischem diesem und dem Schwedensteine. – Wie die Sage ferner berichtet, führen vom Burgstalle aus unterirdische Gänge hinüber nach dem Hoch- oder Sibyllensteine und nach dem Heiligen Berge zwischen Hennersdorf und Bischheim.

Die Sage erzählt folgendes:

In alten Zeiten stand auf dem Ohorner Steinberge eine gar stattliche Burg. Dieselbe war aufgebaut aus gewaltigen Granitblöcken und bewohnt von riesenhaften Menschen. Die Bewohner der Burg waren aber gottlos und verachteten die Götter. Da ergrimmten dieselben sehr. Eines Tages zogen schwarze Wetterwolken heran, umhüllten den Berg und die Burg.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_297.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)