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156. Der Klosterberg bei Demitz-Thumitz.

Südlich von Demitz-Thumitz an der Bahnlinie Dresden-Görlitz erhebt sich eine steile und mit Wald bedeckte Anhöhe, an deren Abhängen große Steinbrüche sich befinden. Das ist der Klosterberg. Derselbe gehört zum Teil zu den Besitzungen des Klosters Marienstern bei Kamenz und ist daher zu diesem Namen gekommen. Einst war dieser Berg Besitztum der Dörfer Demitz-Thumitz. Als aber eine große Teuerung und Hungersnot ausbrach, da nahm sich der Notleidenden das Kloster Marienstern an. Es schenkte diesen Brot und andere Lebensmittel. Dafür erhielt, wie die Sage berichtet, das Kloster jenen Berg als Eigentum zugesprochen. Seit jener Zeit trägt der Berg seinen jetzigen Namen. –

Wie die Leute erzählen, sollen im Klosterberge große Schätze vergraben liegen. In Kriegszeiten wären dieselben dort versteckt worden. Wiederholt hat man auf dem Klosterberge auch Münzen gefunden. –

Die Sage berichtet, daß der Klosterberg in früheren Zeiten eine Befestigung getragen habe und zwar eine altheidnische Schanze wie der in der Nähe liegende Ratschin bei Schmölln. In der kreisförmigen Anordnung von größeren und kleineren Granitblöcken hat man einen verfallenen Wall erkennen wollen.

Vom Klosterberge aus hat das Auge eine herrliche Fernsicht. Man überblickt die ganze Gegend zwischen Kamenz und Bautzen, die sogenannte Klostergegend. Es ist ein anziehendes Bild! Wie Inseln ragen die kleinen wendischen Siedelungen mit ihren Obstgärten aus der fruchtbaren Ebene hervor. Seit Jahren ist die Errichtung eines Aussichtsturmes auf dem Klosterberge geplant. Sollte dieser Plan zur Ausführung kommen, dann wird der Klosterberg bei Demitz-Thumitz sicherlich das Wanderziel vieler werden.[1]

Nach dem Kriege 1870/71 ging man daran, die im Klosterberge vergrabenen Schätze zu heben und zwar in Form von schönen Granitsteinen, die man in ganz vorzüglicher Güte hier gewinnt, und die ihren Weg heute selbst in ferne Länder finden. Die Granitsteinindustrie von Demitz-Thumitz und des benachbarten Dorfes Schmölln hat einen Weltruf erlangt. Th. Schäfer schreibt hierüber in seinem neuen Wanderbuche durch die „Sächsische Oberlausitz“ folgendes: „Die unter der Kollektivbezeichnung „Demitzer Granitbrüche“ bekannten Steinbrüche befinden sich größtenteils am Abhange des Klosterberges, auf Tröbigauer, Schmöllner, Rothnaußlitzer und Demitz-Thumitzer


  1. Mit der Erbauung dieses geplanten Aussichtsturmes hat man am 3. Oktober 1904 den Anfang gemacht. Die „Zeitung für das Meißner Hochland und Die südliche Lausitz“ schreibt in ihrer Nr. vom 6. Oktober 1904 folgendes:
    „Auf Bergeshöhe versammelten sich am 3. Oktober eine Anzahl Herren. Es galt, den Grundstein zu dem Aussichtsturme auf dem Klosterberge zu legen. Zunächst ergriff der Bauherr, Herr Rößler, der an diesem Tage seinen Geburtstag feierte, den Hammer und gründete sein neues Heim im Namen des dreieinigen Gottes. Der Vorsitzende des Gebirgsvereines, Herr Reindl, wünschte, daß dieser Turm errichtet werde zur Freude der hiesigen Bewohner, zur Zierde des Ortes und zum Segen des Erbauers. Die Vertreter des Baumeisters und andere, die sich um die Errichtung dieses Aussichtsturmes bemüht, führten die ublichen Hammerschläge unter schönen Sprüchen und Wünschen aus. Einer derselben lautete: „Der freie Ausblick vom Turme über die weiten Länderstrecken und Höhenzüge, im Geiste längst entschwundene Zeiten umfassend, erwecke in dem Besucher Heimatsliebe, Vaterlandstreue und Gottesfurcht! – Möge der Bau rüstig vorwärts schreiten, damit kommendes Frühjahr viele Besucher sich einfinden und an der herrlichen Waldwanderung und schönen Aussicht sich erfreuen und erheben können!“
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_370.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)