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verloren in einigen Stunden alles Hab und Gut. Sie waren an den Bettelstab gekommen. Nach zweistündigem Wüten der Flammen lagen 300 Gebäude der Stadt in Asche. Auch die Kirche, das Pfarrhaus, die Schule, das Rathaus und sämtliche Stadttore, Torhäuser und Türme der Stadtmauer waren zerstört worden. Erhalten blieben nur 6 kleine Häuser und der Gasthof des Bürgermeisters Bernhard Daxfänger, das alte Rathaus genannt, das „Anno 1544 10 Biere gehabt.“ –

Am 3. Tage nach dem furchtbaren Brande stürzte der mittlere Giebel der Kirche „nebst dem Kaul-Ende“ ein und zerschlug das Gewölbe des Gotteshauses. In der Kirche selbst blieben nur der Taufstein und der „Ober-Schüler-Chor“ erhalten.“ Sämtliche Glocken und Uhren waren vernichtet worden.

Die Stadt Bischofswerda glich innerhalb der Ringmauer einem rauchenden Trümmerfelde. Die Bürger hatten nichts weiter als das nackte Leben gerettet.

Mit schwerem Herzen gingen die unglücklichen Bewohner nun daran, die niedergebrannte Stadt von neuem wieder aufzubauen. Da galt es zunächst, die vielen Trümmer wegzuräumen. Das Entfernen des Brandschuttes nahm Monate in Anspruch.

Die große Not der Bischofswerdaer rief aber weit und breit in der Umgegend das Mitleid wach. Es wurde ihnen von allen Seiten Hilfe zu teil, vor allen Dingen die in Meißen und in der Lausitz liegenden Städte zeigten sich ihrer unglücklichen Schwester gegenüber edel und hochherzig. Die erste Hilfe brachte Kamenz. Gleich am nächsten Tage nach dem schrecklichen Brande schickte Kamenz nach Bischofswerda zweimal je „12 Schock Brot, anderthalb Tonnen Käse, 6 Pitschel Butter, dazu über etliche Wochen 50 Gulden auf des Rats Ansuchen zur Kirchenerbauung.“ – Aus allen umliegenden Orten wurden Lebensmittel gespendet. Auch Pferde und Wagen trafen ein, mit deren Hilfe der Brandschutt entfernt werden sollte. Die Bischofswerdaer erfuhren brüderliche Nächstenliebe in gar reichem Maße, was dazu beitrug, daß die Unglücklichen der Zukunft nicht ganz hoffnungslos entgegenblickten.

Nach und nach erhob sich eine neue Stadt auf den alten Trümmern. „Ihre Hoch. Fürstl. Durchl. Friedrich Wilhelm, der Zeit Chur-Sachsen-Administrator“, erließ den Bischofswerdaern auf drei Jahre die Brand- und Tranksteuer. Zum Wiederaufbau der Kirche und Schule zahlte er der Stadt am 3. September 1569 durch den Kammermeister Gregor Umwieden in Dresden 1000 Gulden bar aus. Den Bürgern schenkte er zum Aufbau der Wohnhäuser aus den kurfürstlichen Waldungen Holz. –

Die edle Kurfürstin Sophia, die Gemahlin des verstorbenen Kurfürsten Christian II., überreichte der Stadt durch ihren Kammermeister Thomas Georgen zum Kirchenbau 200 Gulden. Außerdem schickte der Herzog Friedrich Wilhelm nach Bischofswerda 300 Gulden Strafgelder aus dem Amte Langensalza. –

Die Steinarbeiten des neuen Kirchenbaues führten die Steinmetzen Johann Scherer aus der Schweiz und Jacob Fulda aus Pirna aus. Die Aufführung der Pfeiler und Gewölbe nahm 4 volle Jahre in Anspruch. Die Baukosten der neuen Stadtkirche, jedoch ohne Turm und Glocken, betrugen 2230 Taler.

Am 21. Sept. 1597, als am Tage „Matthaei Apostoli,“ setzte Meister Adam Mend aus Bernstein bei Dippoldiswalde den Turmknopf auf. Die Glocken, welche der Stückgießer Martin Hilliger in Dresden goß, wurden

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_467.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)