Seite:Wilhelm ChinVolksm 060.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

daran klopfte, so klang es wie Erz. Links vom Sarg war eine Tür, die führte in ein inneres Gemach. Darin stand ein Bett, ein Tisch mit Büchern und Kleidern, alles wie für einen lebenden Menschen gehalten. Tsin Schï Huang setzte sich auf das Bett und blickte auf den Boden. Da standen zwei Schuhe aus roter Seide, die an der Spitze ein gesticktes Wolkenmuster trugen. Sie waren neu und rein und ohne Staub. An der Wand stand ein Bambusstab. Zum Scherze zog der Kaiser die Schuhe an, nahm den Stab und ging zum Grabe hinaus. Da erschien plötzlich eine Tafel, darauf standen folgende Verse:

Tsin Schï Huang hat sechs Reich’ überrannt,
Öffnet mein Grab und mein Bett er fand,
Stiehlt meine Schuh’, nimmt den Stock in die Hand:
Kommt er nach Schakiu – sein Ende er fand.

Tsin Schï Huang erschrak sehr und ließ das Grab wieder schließen. Als er aber nach Schakiu kam, da traf ihn eine hitzige Krankheit, an der er starb.

Als später zur Han-Zeit Dschung Li I als Fürst von Lu eingesetzt war, da nahm er von seinem eigenen Gelde zehntausend Lot und gab sie dem Tempelbewahrer, um den Tempel des Konfuzius auszubessern. Da traf man auf den Wagen des Konfuzius und fand seinen Tisch, seine Matte, sein Schwert und seine Schuhe. Ein Tempelarbeiter, namens Dschang Be, der vor der großen Halle Gras jätete, fand in der Erde sieben Nephritszepter. Er steckte eines zu sich und brachte die andern dem Dschung Li I. Der ließ sie auf dem Tisch des Konfuzius aufstellen. Dieser Tisch stand in der früheren Lehrhalle des Konfuzius. An der Wand dieser Halle stand auch ein Bett. Oben über dem Bett hing eine große Tonne. Dschung Li I fragte den Tempelbewahrer, was das sei. Der erwiderte: „Es ist eine Hinterlassenschaft des Konfuzius. Eine Inschrift mit roten Zeichen steht darauf, darum habe ich es nicht gewagt, sie zu öffnen.“

Dschung Li I sprach: „Der Meister war ein Heiliger, vielleicht

Empfohlene Zitierweise:
Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_060.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)