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fließen und Berge sich türmen lassen, wie er will. Der zweite kann hohe Berge bersten machen und große Ströme in ihrem Laufe hemmen, Tiger und Panther zähmen und Schlangen und Drachen beruhigen; Geister und Götter stehen ihm zu Gebote. Der dritte kann Doppelgänger entsenden, sich verwandeln, sich unsichtbar machen, ganze Heere verschwinden lassen und Tag in Nacht verkehren. Der vierte kann durch Luft und Wolken schreiten, auf den Meereswogen wandeln, Wände und Felsen durchdringen und in einem Atemzuge tausend Meilen machen. Der fünfte kann ins Feuer, ohne zu verbrennen, ins Wasser, ohne zu ertrinken, Schwert und Messer verwunden ihn nicht, Winterfrost kältet ihn nicht, Sommerhitze brennt ihn nicht. Der sechste kann nach Belieben lebende Wesen schaffen und wandeln. Vögel und Tiere, Gräser und Bäume kann er gestalten, Häuser und Schlösser kann er versetzen. Der siebente kann Lehm backen, daß Gold daraus wird, und Blei kochen, daß es zu Silber wird; er kann Wasser mit Stein vermischen, daß die Blasen sprudeln und sich in Perlen verwandeln. Der achte kann auf Drachen und Kranichen reiten nach den acht Polen der Welt, mit den Unsterblichen reden und vor den großen Reinen treten.“

Der König behielt sie vom Morgen bis zum Abend bei sich, beherbergte sie und brachte ihnen Wein dar und ließ sich zeigen, was sie konnten. Und richtig machten sie alles genau so, wie sies gesagt hatten. Der König kochte nun mit ihrer Hilfe das Lebenselixier. Es war fertig; aber noch hatte er es nicht gegessen, da kam ein Unglück über seine Familie. Sein Sohn hatte mit einem Höfling gespielt und war von ihm aus Unvorsichtigkeit verwundet worden. Der Höfling, der sich vor der Rache des Prinzen fürchtete, tat sich mit andern Unzufriedenen zusammen, und sie erregten einen Aufruhr. Der Kaiser aber, der davon hörte, sandte einen Feldherrn, um zwischen dem König und den Empörern zu richten.

Die acht Greise sprachen: „Nun ist es Zeit zum Gehen. Dies Unglück hat dir der Himmel geschickt, o König.

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_103.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)