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Du Dsï Tschun rührte sich nicht. Auf seine Fragen gab er keine Antwort.

Da wurde der Riese wild und schrie mit Donnerstimme: „Haut ihm den Kopf herunter!“

Aber Du Dsï Tschun blieb unbewegt. Da ging der Riese grimmig weg.

Dann kamen ein wilder Tiger und eine giftige Schlange brüllend und zischend daher. Sie taten, als wollten sie ihn beißen, und sprangen über ihn hinweg. Aber Du Dsï Tschun blieb unerschrocken im Geiste, und nach einer Weile lösten sie sich auf.

Plötzlich kam ein großer Regen in Strömen hernieder. Es donnerte und blitzte unaufhörlich, daß ihm die Ohren gellten und die Augen geblendet wurden. Es schien, als müßte das Haus zusammenstürzen. Das Wasser schwoll in wenigen Augenblicken und strömte bis an den Platz heran, auf dem er saß. Aber Du Dsï Tschun blieb unbeweglich sitzen und kümmerte sich nicht darum. Da ließ das Wasser wieder nach.

Dann kam ein großer Teufel mit einem Ochsenkopf. Der stellte einen Kessel im Hofe auf, darinnen kochendes Öl sprudelte. Er faßte ihn mit einer eisernen Gabel am Hals und sagte: „Wenn du mir sagst, wer du bist, so laß ich dich los!“

Du Dsï Tschun schloß die Augen und schwieg. Da packte ihn der Teufel mit der Gabel und schleuderte ihn in den Kessel. Er verbiß den Schmerz, und das sprudelnde Öl tat ihm nichts. Schließlich holte ihn der Teufel wieder heraus und schleppte ihn unten an die Stufen des Hauses vor einen Mann mit rotem Haar und blauem Gesicht, der aussah wie der Höllenfürst. Der schrie: „Schleppt sein Weib herbei!“

Nach einer Weile ward seine Frau gefesselt angebracht. Ihre Haare waren zerzaust, und sie weinte jämmerlich.

Der Teufel deutete auf Du Dsï Tschun und sprach: „Wenn du deinen Namen sagst, so lassen wir sie laufen.“

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_113.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)