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Leuten zu Hause ahnte nichts Gutes, und sie verteilten sich auf den verschiedenen Wegen, ihn zu suchen. So fanden sie ihn schließlich an der Ecke des Felshanges und trugen ihn heim. Um Mitternacht kam er erst wieder zu sich und erzählte, was ihm begegnet war.


49. Der Ameisenkönig

Es war einmal ein Gelehrter. Er wanderte aus seiner Heimat aus und zog nach Emsendorf. Dort war ein Haus, von dem die Rede ging, daß es nicht ganz geheuer sei. Doch war es schön gelegen und von einem hübschen Garten umgeben. Darum mietete er sich dort ein. Eines Abends saß er über seinen Büchern. Plötzlich kamen mehrere hundert Ritter in das Zimmer herein gesprengt. Die waren winzig klein, und ihre Pferde waren etwa so groß wie Fliegen. Sie hatten Jagdfalken und Hunde bei sich so groß wie Mücken und Läuse.

Sie kamen auf das Bett in der Ecke und hielten dort eine große Jagd ab. Bogen und Pfeile, Netze und Schlingen: alles war ganz deutlich zu sehen. Sie erlegten auch eine unzählige Menge von Vögeln und Wild. Dieses Wild war aber alles nicht größer als Reiskörnchen.

Als die Jagd zu Ende war, da kam ein langer Zug mit Fahnen und Standarten herein. Sie trugen Schwerter an der Seite und schwangen Speere in den Händen. Sie machten Halt in der Nordwestecke des Zimmers. Ihnen folgten einige hundert Knechte. Die brachten Vorhänge und Decken, Zelte und Stangen, Kessel und Töpfe, Teller und Tassen, Tische und Stühle herbei. Wieder einige hundert Diener trugen alle möglichen feinen Gerichte, wie Wasser und Land sie bieten, auf. Wieder einige hundert liefen fortwährend hin und her, um die Straßen zu überwachen und Nachrichten zu vermitteln.

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_136.jpg&oldid=- (Version vom 29.5.2018)