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Und richtig hatte er ein Büschel Haare in der Hand.

Kaum hatte der Zauberer jedoch das Haus verlassen, da fing der Spuk aufs neue an. Vermutlich hatte er selbst das Bellen des Fuchses hervorgebracht und die Haare vorher im Ärmel versteckt.

Der Hausherr hatte sichs aber in den Kopf gesetzt, unter allen Umständen des Fuchses habhaft zu werden. So bewaffnete er denn seine Söhne und Knechte mit Flinten. Zeigte sich irgendwo ein Spuk, so schossen sie darnach. Solange man schoß, hörte es auf; aber kaum hatte man aufgehört zu schießen, so fing es wieder an. Kurz, man konnte der Sache nicht beikommen.

Ein Pächter der Familie hatte eine Frau, die war Hexe; die sagte eines Tages: „Der Fuchsgott freut sich, wenn die Menschen ihn verehren. Ihr müßt ihn nicht bekämpfen. Ihr müßt ihm eine Mahlzeit als Opfer darbringen; dann will ich den Fuchsgott bitten, daß er mit euch Frieden schließt und alles Leid in Freude sich verwandelt.“

Der Hausherr war für nichts zu haben. Aber die Hausfrau verabredete sich im geheimen mit der Hexe. Ein Nebenzimmer wurde hergerichtet, darin wurden feiner Wein und köstliche Speisen aufgestellt, und die Hexe verbrachte allein die Nacht in diesem Raum. Als der Tag zu dämmern begann, da ging man hin und sah nach ihr. Speisen und Wein waren fort, und die Hexe war sinnlos betrunken.

Lallend erzählte sie: „Es sind eine ganze Anzahl großer Götter gekommen, die saßen da, genossen Wein und Speisen und freuten sich gar sehr. Sie ließen mich auch mit essen. Ich erzählte ihnen von der guten Absicht des Hausherrn und riet ihnen, Frieden zu schließen. Die Götter haben’s auch versprochen.“

Aber noch ehe sie ausgeredet hatte, flog von draußen ein Stein herein; der fiel gerade auf den Tisch und zertrümmerte alle Teller und Tassen. Da hielt die Hexe die Hand vors Gesicht und wischte hinaus.

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)