Seite:Zerstreute Blaetter Band III 095.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gottheit hat sie uns auf einer großen Lichttafel vorgemahlt; wir reissen sie von dieser ab und mahlen sie uns durch einen feinern, als den Pinsel der Lichtstralen in die Seele. Denn das Bild, das sich auf der Netzhaut deines Auges zeichnet, ist der Gedanke nicht, den du von seinem Gegenstande dir zueignest; dieser ist blos ein Werk deines innern Sinnes, ein Kunstgemählde der Bemerkungskraft deiner Seele.


2. Hieraus ergiebt sich, daß unsre Seele, so wie unsre Sprache, beständig allegorisire. Indem sie nämlich Gegenstände als Bilder sieht oder vielmehr nach Regeln, die ihr eingeprägt sind, solche in Gedankenbilder verwandelt; was thut sie anders, als übersetzen, als metaschematisiren? Und wenn sie diese Gedankenbilder, die blos ihr Werk sind, jetzt durch Worte, durch Zeichen fürs Gehör sich aufzuhellen und andern auszudrücken strebet; was thut sie abermals

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 095. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_095.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)