Seite:Zerstreute Blaetter Band III 137.jpg

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kühner gebraucht sind. So erzählte Jotham, e)[1] so ließ Joas eine kühne Baumfabel dem werbenden Könige zur Antwort sagen f)[2] und in beiden Fällen war der Sinn der Dichtung keinem Zuhörer fremde. Gleichergestalt werden bei allen sinnlichen Völkern Berge, Flüsse, Quellen, Sonne und Mond, Gestirne, Wind, Wolken für beseelt geachtet und es liegt sodann nicht ausser der Sphäre ihrer Anschauung, wenn Geister der Berge, der Ströme, der Quellen, der Gestirne, wenn Wind und Wolke zu einander sprechen und gegen einander wirken. Alles kommt hier, wie man sieht, auf den anschauenden Sinn des Erfinders, auf die Art, wie er die wirkenden Wesen zusammenstellt und aus ihnen seine Welt dichtet, endlich auf die National- und individuelle Denkart der Zuhörer an, denen er seine Fabel vorträgt. Wenn für Leser eine Fabel geschrieben wird, so ist dies schon zwiefache Kunst


  1. e) Richter 9, 7.
  2. f) 2 Kön. 14, 9.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_137.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)