Seite:Zerstreute Blaetter Band III 227.jpg

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eine Frucht vom Baume des Lebens.“ – Schnell stand ein Engel Gottes, der glänzende Cherub da; nur statt der Frucht vom Lebensbaume hielt er einen dreiblättrigen Zweig in seiner Hand. „Bringe deinem Vater ihn, so sprach er freundlich, zu seiner letzten Labung: denn ewiges Leben wohnet nicht für ihn auf dieser Erde. Darum eile: denn seine Stunde ist kommen.“

Schnell wie ein Engel des Trostes eilte Seth und warf sich nieder und sprach: „keine Frucht vom Baume des Lebens bringe ich dir, mein Vater; aber diesen Zweig hat mir der Engel gegeben, zu deiner letzten Labung.“ Der Sterbende nahm den Zweig und freuete sich. Er roch an ihm den Geruch des Paradieses: da erhub sich seine Seele. „Meine Kinder, sprach er, ewiges Leben wohnet nicht für uns auf dieser Erde: Ich sterbe und ihr folgt mir nach. Aber an diesem Gewächse athme ich den Hauch einer andern Welt, den Geruch eines höheren Paradieses.“ Da brach

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_227.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)