Seite:Zerstreute Blaetter Band I 279.jpg

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Schönheit, Tugend in jeder Gestalt, unter jeglicher Larve ermattet, und uns in Ketten des blinden Gehorsams an den Wandelgang des Schicksals bindet. – Aber, wir haben im engen Zimmer gnug geschwatzt, und deswegen hat unser Gespräch auch so enge und metaphysisch werden müssen. Sehen Sie die schöne bestirnte Nacht! und dort geht der Mond auf – mich dünkt, wir wandern mit Seel und Körper aus der metaphysischen Luft in die freye Natur hinaus. – –

     Sie giengen hinaus, und in kurzen veränderte sich der Ton des Gespräches! Die heilige Stille, die die Nacht um sie verbreitete, die hellen Himmelslichter, die als Lampen über ihnen aufgehängt schienen, auf der einen Seite einige zurückgebliebne Schimmer der Abendröthe, und auf der andern der hinter den Schatten des Waldes sich sanft erhebende Mond – wie erhebt dieser prächtige Tempel, wie erweitert und vergrössert er die Seele! Man fühlt in diesen Augenblicken so ganz die Schönheit und das Nichts der

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_279.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)