Seite:Zerstreute Blaetter Band I 344.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewissen Grad mit ihm vertraut, weil man fühlt, der Mensch habe nichts Arges. Charaktere der Art sind zum täglichen Umgange gut; aber Freundschaft – welch ein anderes, heiliges Band ist diese! Herzen und Hände knüpft sie zu Einem gemeinschaftlichen Zweck zusammen, und wo dieser Zweck augenscheinlich, wo er fortwährend, anstrengend, selbst unter oder hinter Gefahren vorliegt: da ist das Band der Freundschaft oft so genau, fest und herzlich, daß nichts als der Tod es zu trennen vermochte. Der Phalanx griechischer Freunde im Kriege, die all wie Einer siegten oder starben; jene hellen Zwillingsgestirne der Freundschaft, die unter allen Nationen, Hebräern und Griechen, Scythen und Wilden aus der Nacht der Zeiten hervorglänzen und dem menschlichen Herzen so wohl thun, wodurch waren sie Freunde? Gemeinschaftlicher Zweck verband sie: Gefahr zog den Knoten zusammen: erprobte Treue, fortgehender wachsender Eifer, glorreiche Mühe, gemeinschaftlicher Genuß der Mühe, Noth und Tod endlich

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_344.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)