Seite:Zerstreute Blaetter Band I 368.jpg

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liebe. Er schadet damit dem Guten so sehr als dem Bösen, und verliehrt zuletzt ganz sein Urtheil und seinen Standpunkt. Wer nicht zurückstoßen kann, kann auch nicht anziehn: Beyde Kräfte sind nur Ein Pulsschlag der Seele.

     So sind wir in diesem Weltall; und wie gehts auf unsrer ewigen Reise weiter hinauf? Schwerlich anders. Nur auf unserm eignen Daseyn und Bewußtseyn ruht die Existenz andrer, so fern sie durch Liebe und Sehnsucht mit uns verknüpft sind; verlöhren wir jene, so hätten wir auch von diesen keinen Genuß mehr. Nothwendig wird unsre Existenz von Stufe zu Stufe immer freyer und wirkender werden: unser Genuß wird weniger verderben und zerstören: wir werden immer mehr Freuden schmecken lernen, indem wir geben und thun, als indem wir nehmen und leiden. Indessen scheint das gegenseitige Verhältniß nie ganz aufhören zu können, das die Summe dieses ganzen Glücks macht. Um zu geben, müssen immer Gegenstände seyn, die da nehmen; um zu thun, andre, für die man

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_368.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)