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in ihm Todesgedanken. Nach 8 Tagen kam eine Wiederholung. Jetzt begannen die Seinen und er selber ernstlich an Fürsorge für seine angegriffene Gesundheit zu denken. Allein nach 5 Tagen kam ein neuer Anfall, so stark und schmerzhaft und andauernd, daß er später ihn selber als seinen Todeskampf bezeichnete. Er ließ sich vorbeten: Wenn ich einmal soll scheiden u. s. w.; die Zöglinge waren geweckt worden und wir riefen gemeinsam Gott um sein Leben an. An zehn Stunden dauerte der Anfall, der seine Kraft in einer Nacht brach. Er erklärte, sich gar keiner Sache mehr annehmen zu können. Es folgte ein 14tägiges, durch stete Unruhe schweres Krankenlager, erleichtert durch kurze Erquickungszeiten göttlicher Gnade, durch die treue Pflege seiner Schwestern und seines geliebten Neffen, durch viele Beweise persönlicher Teilnahme, wie er sie nicht erwartet hatte, so daß er in seiner bezeichnenden Weise äußerte, die gefrorene persönliche Teilnahme sei aufgetaut. In der Zeit seiner Ermüdung wollte manchmal bei besonders unangenehmen Vorfällen Ueberdruß an diesem Leben über ihn kommen, daß er sich fortsehnte, ähnlich wie es bei der ihm vorangegangenen Mutter der Fall gewesen war. „Willst Du denn nicht auch gern bald aus diesem bösen Leben heimgehen?“ hatte diese einst in einer stillen Stunde ihrer Krankheit ihn gefragt. Aber es waren doch viele Gründe, die sein längeres Leben wünschenswert machten, und das trug er auch oft Gott im Gebet vor. Aber er weigerte sich auch nicht zu scheiden, nur bat er um Verschonung mit langem Leiden. Das letztere Gebet erhörte Gott. Mit Ernst und wiederholt verlangte er von den Seinen, daß sie ihm über seine Lage die volle Wahrheit nicht verschweigen sollten. Er wollte von seinem Ende nicht überrascht werden, sondern vorbereitet ihm entgegen gehn, und dies gab ihm Gott auch. Vorher schon hatte er von den Vertretern der Gesellschaft Abschied nehmen dürfen, von denen eine Anzahl zu einer gerade in diese Zeit fallenden Hauskonferenz des Diakonissenhauses sich versammelt hatten. Jetzt auch von den Seinen. Es war am 3. nach Epiph., am Tag vor seinem Tod. Sein Zustand war damals wunderbar, dem Leib und dem Geiste nach. Er war ganz wie in den Tagen seiner Gesundheit und doch war es

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Hermann von Bezzel: Zum Gedächtnis des Herrn Johannes Deinzer. C. H. Beck, Nördlingen 1897, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zum_Ged%C3%A4chtnis_des_Herrn_Johannes_Deinzer_18.png&oldid=- (Version vom 20.7.2016)