Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und den Niederlanden, betreffend die Verbindung des niederländischen Kanalnetzes mit den Kanälen links der Ems auf preußischem Gebiete
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(Nr. 1204.) Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und den Niederlanden, betreffend die Verbindung des niederländischen Kanalnetzes mit den Kanälen links der Ems auf preußischem Gebiete. Vom 12. Oktober 1876.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen etc., im Namen des Deutschen Reichs, und Seine Majestät der König der Niederlande haben nach genommener Kenntniß von denjenigen Verabredungen, welche zwischen beiderseitigen Kommissarien zu Berlin am 17. Mai 1876 zu dem Zwecke getroffen worden sind, um vermittelst der Kanäle der beiderseitigen Gebiete neue internationale Verkehrswege zu eröffnen, beschlossen, die gedachten Verabredungen durch eine förmliche Uebereinkunft zu bestätigen, und haben zu diesem Zwecke zu Bevollmächtigten ernannt:
- Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:
- Allerhöchstihren Staatsminister, Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Herrn Bernhard Ernst von Bülow,
- Seine Majestät der König der Niederlande:
- Allerhöchstihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preußen, Herrn Wilhelm Friedrich von Rochussen,
welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, Folgendes vereinbart haben:
Artikel 1.
- Das im Original hier angeheftete, durch die Königlich preußischen und die Königlich niederländischen Kommissarien, welche beauftragt gewesen sind, sich über die vermittelst der Kanäle der beiderseitigen Gebiete herbeizuführende Eröffnung neuer internationaler Verkehrswege zu verständigen, zu Berlin am 17. Mai 1876 vollzogene Protokoll wird, insoweit auf Seiten des einen oder des anderen Theiles erforderlich, unter Vorbehalt der verfassungsmäßigen Zustimmung hierdurch genehmigt. [540]
- Die Verabredungen des gedachten Protokolls sollen so betrachtet werden, als wenn dieselben Wort für Wort in die gegenwärtige Uebereinkunft aufgenommen wären, und sie sollen in die Ratifikation der letzteren eingeschlossen werden.
- Die beiden vertragschließenden Theile sind darüber einverstanden, daß die in Beziehung auf die Benutzung des niederländischen und des linksemsischen Kanalnetzes und der anschließenden Wege in den Paragraphen neun und zehn des angeschlossenen Protokolls vom 17. Mai 1876 getroffenen Verabredungen gleichmäßig für die Königlich niederländischen Staatsangehörigen, wie für alle deutsche Reichsangehörige Anwendung finden sollen.
Artikel 2.
- Die gegenwärtige Uebereinkunft soll ratifizirt und die Auswechselung der Ratifikationen soll binnen möglichst kurzer Frist in Berlin bewirkt werden.
- Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieselbe unterzeichnet und besiegelt.
- In zweifacher Ausfertigung vollzogen zu Berlin, am 12. Oktober 1876.
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Protokoll.
Nachdem die Königlich niederländischen und Königlich preußischen Kommissarien von ihren hohen Landesregierungen ermächtigt worden sind, über eine Vereinbarung, betreffend die Verbindung des niederländischen Kanalnetzes mit den Kanälen links der Ems auf preußischem Gebiete, zu unterhandeln, sind die Kommissarien beider Nachbarstaaten zusammengetreten,
- I. Königlich niederländischer Seits:
- 1. Herr Jonkheer G. C. Junius van Hemert, Mitglied der Deputirten Staaten von Overyssel,
- 2. Herr Jonkheer J. D. Lewe Quintus, Mitglied der Deputirten Staaten von Groningen,
- 3. Herr W. Alingh, Mitglied der Deputirten Staaten von Drenthe,
- 4. Herr J. Strootman, Ober-Ingenieur der Waterstaat;
- II. Königlich preußischer Seits:
- 1. Herr E. Marcard, Königlich preußischer Wirklicher Geheimer Ober-Regierungsrath und Ministerialdirektor,
- 2. Herr O. Gercke, Königlich preußischer Geheimer Ober-Baurath,
und haben sich vorbehaltlich der Genehmigung ihrer hohen Landesregierungen über folgende Konvention verständigt.
§. 1.
- Zu dem Zwecke, um zwischen dem niederländischen Kanalnetze und den Kanälen links der Ems auf preußischem Gebiete Schiffahrtswege zu eröffnen, ist die Ausführung nachfolgender Kanalverbindungen in Anregung gebracht:
- 1. zwischen dem Groninger Stadtskanaal unweit ter Apel und dem preußischen Süd-Nordkanal in der Richtung auf Haren;
- 2. zwischen dem Almeloschen Kanal unweit Almelo und dem preußischen Ems-Vechtekanal oberhalb Nordhorn;
- 3. zwischen den Overysselschen Kanälen unweit Coevorden und dem preußischen Süd-Nordkanal unweit der Kolonie Alte-Picardie;
- 4. zwischen der Hoogeveens-Vaart in der niederländischen Provinz Drenthe und dem Süd-Nordkanal in der Richtung auf Meppen. [542]
- Beide Regierungen erklären ihre Bereitwilligkeit, die Ausführung dieser Kanalverbindungen innerhalb ihres Hoheitsgebiets zuzulassen, ohne jedoch eine Verbindlichkeit dafür zu übernehmen, daß dieselben überhaupt, geschweige denn in einer bestimmten Frist zur Ausführung gebracht werden.
§. 2.
- Die Feststellung der Baupläne für die dem einen oder anderen Gebiete zugehörigen Strecken der vorbezeichneten Verbindungskanäle bleibt, vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen dieses Vertrages, dem Ermessen derjenigen der beiden betheiligten Regierungen überlassen, in deren Gebiete die einzelne Kanalstrecke belegen ist.
§. 3.
- Beide Regierungen erklären ihre Bereitwilligkeit, bei Feststellung der Baupläne und bei dem demnächstigen Ausbau der Verbindungskanäle an derjenigen Richtung festzuhalten, welche auf der dieser Vereinbarung angeschlossenen Situationskarte verzeichnet ist, soweit nicht die weitere technische Prüfung veränderte thatsächliche Verhältnisse oder neue örtliche Bedürfnisse Aenderungen der Richtung im Einzelnen erfordern.
§. 4.
- Für die Ueberschreitung der preußisch-niederländischen Grenze sind bei den in Aussicht genommenen Kanalverbindungen beiderseits diejenigen Punkte maßgebend, welche auf der angeschlossenen Situationskarte als Uebergangspunkte für die darin verzeichneten Kanalprojekte eingetragen sind.
- Von den in Anregung gebrachten Kanalverbindungen wird demnach die preußisch-niederländische Grenze an folgenden Punkten überschritten werden:
- 1. von dem Verbindungskanal Groninger Stadtskanaal – Süd-Nordkanal – (§. 1 Ziffer 1) 169 Meter südwärts von dem Grenzstein Nr. 170,
- 2. von dem Verbindungskanal zwischen Almelo und dem Ems-Vechtekanal oberhalb Nordhorn (§. 1 Ziffer 2) 90 Meter nördlich des Grenzsteins Nr. 41,
- 3. von dem Verbindungskanal zwischen den Overysselschen Kanälen unweit Coevorden und dem preußischen Süd-Nordkanal unweit der Kolonie Alte-Picardie (§. 1 Ziffer 3) 220 Meter nördlich des Grenzsteins Nr. 151,
- 4. von dem Verbindungskanal zwischen der Hoogeveensche Vaart und dem Süd-Nordkanal in der Richtung auf Meppen (§. 1 Ziffer 4) 846 Meter südlich von dem Grenzstein Nr. 162.
- Insoweit bei der Ausführung sich von der einen oder anderen Seite Abweichungen als wünschenswerth ergeben sollten, bleibt eine Verständigung zwischen den beiderseitigen Bauverwaltungen vorbehalten. [543]
§. 5.
- Mit Rücksicht auf den Stand der Kanalbauten in Preußen soll beiderseits darauf Bedacht genommen werden, daß zuvörderst die im §. 1 Ziffer 1, 2 und 3 bezeichneten Kanalverbindungen zur Ausführung gelangen.
- Beide Regierungen werden bei eigener Bauausführung oder, sofern der Bau durch Dritte ausgeführt wird, durch entsprechende Bestimmungen bei Ertheilung der Baukonzession bemüht sein, dahin zu wirken, daß die auf ihren Gebieten belegenen Strecken dieser Verbindungskanäle möglichst gleichzeitig fertiggestellt werden, um gleichzeitig dem Verkehre übergeben werden zu können.
§. 6.
- Die Königlich niederländische Regierung wird in der für die Verlängerung des Groninger Stadtskanaals zu ertheilenden Konzession vorschreiben, daß diese Verlängerung bis zu dem auf der angeschlossenen Situationskarte bezeichneten Punkte der niederländisch-preußischen Landesgrenze zeitig in Angriff genommen wird und spätestens zu der Zeit fertig hergestellt ist, in welcher die Ausführung des auf preußischem Gebiete gegenwärtig im Bau begriffenen Kanals von Haren über Rütenbrock bis zu dem vorbezeichneten Punkte der preußisch-niederländischen Landesgrenze vorgerückt sein wird.
§. 7.
- Jede der betheiligten Regierungen wird dafür sorgen, daß ein den Bedürfnissen des durchgehenden Schiffahrtsverkehrs entsprechender Wasserstand in den ihrem Gebiete angehörigen Strecken der Verbindungskanäle hergestellt und erhalten wird, und daß dieselben mit ihren Zubehörigen in gehörigem Stande erhalten werden.
§. 8.
- Die Herstellung solcher Vorrichtungen, welche den Abfluß des Wassers aus den Verbindungskanälen in das jenseitige Gebiet oder den Zufluß des Wassers aus dem jenseitigen Gebiete zu verhindern bezwecken, ist jeder Regierung innerhalb ihres Gebiets unbenommen. Durch diese Vorrichtungen darf die Schiffahrt nicht gehindert werden.
§. 9.
- Für die Benutzung des niederländischen und des linksemsischen Kanalnetzes und der anschließenden Wege durch niederländische oder preußische Staatsangehörige sollen von den Angehörigen des fremden Staats niemals höhere Abgaben irgend einer Art erhoben werden, als von den eigenen Staatsangehörigen.
§. 10.
- Auf den Verbindungskanälen und den anschließenden Fahrstraßen soll die Waaren-Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, soweit nicht in dieser Beziehung von einer der betheiligten Regierungen Ausnahmen allgemein angeordnet sind, gestattet sein. [544]
- Auch wird jede der betheiligten beiden Regierungen dafür Sorge tragen, daß, dem Bedürfnisse des Verkehrs entsprechend, alle Erleichterungen der Zollabfertigung gewährt werden, welche mit der Zollgesetzgebung und den allgemeinen Reglements beider Staaten vereinbar sind.
- Gelesen, genehmigt, vollzogen.
- Der vorstehende Vertrag ist ratifizirt worden und die Auswechselung der Ratifikationen hat stattgefunden.