Zum Inhalt springen

Max und Moritz/Erster Streich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« [[Max und Moritz/|]] Wilhelm Busch
Max und Moritz
Zweiter Streich »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).


Erster Streich


                    

[344] Mancher gibt sich viele Müh’
Mit dem lieben Federvieh;
Einesteils der Eier wegen,
Welche diese Vögel legen,

5
Zweitens: weil man dann und wann

Einen Braten essen kann;
Drittens aber nimmt man auch
Ihre Federn zum Gebrauch
In die Kissen und die Pfühle,

10
Denn man liegt nicht gerne kühle. –


Seht, da ist die Witwe Bolte,
Die das auch nicht gerne wollte.



Ihrer Hühner waren drei
Und ein stolzer Hahn dabei. –

15
[345] Max und Moritz dachten nun:

Was ist hier jetzt wohl zu tun? –
– Ganz geschwinde, eins, zwei, drei,
Schneiden sie sich Brot entzwei,



In vier Teile, jedes Stück

20
Wie ein kleiner Finger dick.

Diese binden sie an Fäden,
Übers Kreuz, ein Stück an jeden,
Und verlegen sie, genau
In den Hof der guten Frau. –





25
Kaum hat dies der Hahn gesehen,

Fängt er auch schon an zu krähen:
Kikeriki! Kikikerikih!! –
Tak tak tak! – da kommen sie.



[346] Hahn und Hühner schlucken munter

30
Jedes ein Stück Brot hinunter;



Aber als sie sich besinnen,
Konnte keines recht von hinnen.



In die Kreuz und in die Quer
Reißen sie sich hin und her,



35
[347] Flattern auf und in die Höh’,

Ach herrje, herrjemine!



          Ach, sie bleiben an dem langen
          Dürren Ast des Baumes hangen. –

     – Und ihr Hals wird lang und länger,
     Ihr Gesang wird bang und bänger;



Jedes legt noch schnell ein Ei,

40
Und dann kommt der Tod herbei. –



          [348] Witwe Bolte, in der Kammer,

     Hört im Bette diesen Jammer;



Ahnungsvoll tritt sie heraus:
Ach, was war das für ein Graus!



          „Fließet aus dem Aug’, ihr Tränen!

45
          All mein Hoffen, all mein Sehnen,

     Meines Lebens schönster Traum
     Hängt an diesem Apfelbaum!!“



          [349] Tiefbetrübt und sorgenschwer
          Kriegt sie jetzt das Messer her;

     Nimmt die Toten von den Strängen,
     Daß sie so nicht länger hängen,




Und mit stummem Trauerblick
Kehrt sie in ihr Haus zurück. –

50
Dieses war der erste Streich,

Doch der zweite folgt sogleich.

« [[Max und Moritz/|]] Wilhelm Busch
Max und Moritz
Zweiter Streich »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.