Über Mähmaschinen
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Wo man heutzutage mit Landwirthen zusammentrifft, sei es in den Versammlungen oder im Privatverkehre, da ist nur eine Klage über die Unerschwinglichkeit der Forderungen der ländlichen Arbeiter, über die Schwierigkeit, brauchbare Leute zu erhalten, über die sehr oft geringen Leistungen derselben, über deren Unbotmäßigkeit und Uebermuth! Daß mancher sich dadurch erleichtert fühlt, wenn er unter Fachgenossen sein Herz ausschütten kann, daß er beruhigter wird, wenn er hört, daß es seinen Collegen auch nicht besser geht, als ihm – das wollen wir gerne zugeben: getheilter Schmerz ist ja halber Schmerz, sagt das Sprichwort. Daß aber darum an dem sogenannten Grundübel, woran unsere heutige Landwirthschaft kränkelt, an der Arbeiternoth, auch nur ein Haarbreit geändert würde, daß darum die Dienstboten oder Taglöhner auch nur einen Groschen billiger schaffen oder fleißiger, oder daß der Weinbergarbeiter statt 6 oder 7 oder gar 8 Liter Wein (wie das im Ober-Elsaß nichts Seltenes ist) nur 3 oder 4 verlangen würde – das wird wohl kein einziger Grundbesitzer im Ernste glauben!
Mit dem Reden, mit dem Klagen, mit dem Grollen auf Gewerbfleiß, Handel und was sonst noch immer – ist also nichts gethan; denn das Uebel ist ein Kind der Zeit, und – die Zeit gibt uns selbst wieder die Mittel an die Hand, dem Mißstande entgegenzutreten.
Gehen wir der Sache aber ernsthaft auf den Grund, so werden wir alsbald sehen, daß wir gar kein Recht haben zu klagen; auf dem Aufschwung des Gewerbfleißes, auf der Verwerthung aller Kräfte, auf der Ueberfülle von Arbeit beruht die Macht und die Gesundheit eines Volkes! Liegen Gewerbefleiß und Handel darnieder, stocken die Geschäfte, so macht sich das auch bald bei der Landwirthschaft fühlbar!
Die Arbeit ist also eine wichtige Quelle des Volksreichthums, und ein günstiges Zeichen ist es, wenn dieselbe gesucht und ihrem Werthe nach bezahlt wird. Die Arbeit ist eine Waare, welche sich nach dem [138] allgemeinen Grundsatze von Angebot und Nachfrage regelt. Ist die Nachfrage groß, so steigt ihr Werth, nicht anders als es bei allen Erzeugnissen der Fall ist. Mißräth der Hopfen, so wird er theurer, weil es wenig gibt und doch die gleiche Menge Bier gebraut wird. Kommt im Mai Frost über die Weinstöcke, so hat andern Tages bereits der Wein um so und so viel vom Hundert aufgeschlagen!
Und da bei hochbezahlter Arbeit Geld unter den Leuten ist, so wird der Fleischverbrauch erhöht, die Nachfrage darnach, so wie nach Milch, Butter, Käse, Eier, Speck steigert sich und damit deren Preis. Der Luxus, je nach dessen Begriff, kehrt in allen Ständen ein. Freilich so bequem hat man es heutzutage nimmer wie früher; es kostet, um sich durch die Welt zu schlagen, um sich etwas zu erwerben, oder das, was man besitzt, zu erhalten, etwas mehr Wissen, mehr Denken, mehr Rührigkeit, und treibt man ein Geschäft, mehr Kapitalaufwand.
Der Müller, der gegenwärtig seine Mühle nach den alten Regeln klappern läßt, der verschwendet Wasserkraft, braucht mehr Leute und bringt trotzdem kein so schönes Mehl zu Stande und kann die Kleien nicht so ausmahlen wie der Kunstmüller. Aber die Einrichtungen kosteten auch ein schönes Geld. Der Bierbrauer erspart durch seine Dampfmaschine zwei Drittel seiner Arbeiter, aber seine Maschine kostete Geld und die großartigen Eiskeller, die man früher gar nicht kannte, verschlingen viel Kapital. Und kämen manche Landwirthe in die Wirthschaftshöfe unserer Großgrundbesitzer und sähen da die Maschinen aller Art, die hohen Kamine, hörten das Pfeifen und Sausen – dann glaubten sie eher in eine große Fabrik als in einen Oekonomiehof gekommen zu sein. Betriebskapital ist heutzutage wichtiger als Grundkapital, und wer gewinnen will, muß einsetzen; wer theure Arbeitskraft ersparen will, muß Maschinen anschaffen!
Der deutsche Landwirth ist nun, was Maschinen anbelangt, durchaus nicht zurück gegen andere Landwirthschaft treibende Völker, und es ist erstaunlich, wie z. B. Futterschneidmaschinen, Dreschmaschinen u. dergl. ganz allgemein verbreitet sind.
Manches Hundert Drescher, die den Winter hindurch sich eingenistet hatten und dem Landmann das Leben sauer machten, ist damit erspart und kann nutzbringender verwendet werden. Aber an Dreschern, da halte man wenigstens keinen Mangel; im Winter sind die Leute geschmeidiger, und schließlich sind außer dem, was bisweilen zufällig in den Stiefeln der Leute an Körnern mit hinauswandert, und dem was die Mäuse den Winter hindurch aus den Garben herausnagen, wenn von Hand gedroschen wird, nicht große Verluste zu befürchten; denn die Frucht befindet sich geborgen unter dem schützenden Dach.
Dagegen rückt jetzt wieder eine Zeit heran, wo mancher Landmann seine liebe Noth haben wird, das was er das ganze Jahr über bearbeitet und gepflanzt, wofür er das Geld massenhaft vorgelegt und Sorgen und Aerger genug gehabt hat, glücklich heimzubringen. Die Ernte von Heu und Getreide steht bevor; auf ein rechtzeitiges Heimbringen kommt es unendlich viel an; überständiges Heu hat nicht viel mehr Werth als Stroh; überständiges Getreide gibt geringeres und weniger Mehl; eine Menge Körner fallen auf dem Felde schon aus, und tritt gar noch ungünstige Witterung ein, dann kann man zusehen, wie die edle Gottesgabe allmälig zu Grunde geht! Aber sind da immer die Arbeiter zur Hand? Die Arbeiten drängen sich oft nahe auf einander, besonders bei ungünstiger Witterung; Alles will plötzlich gemäht haben; Einer überbietet den Andern im Lohn – da ist es kein Wunder, wenn der Arbeiter, für den jetzt auch die Ernte gekommen ist, grob wird und nimmer weiß, was er fordern soll.
Die Mähmaschinen überheben uns all’ dieser Sorgen. Merkwürdiger Weise aber ist der Landmann gerade dieser wichtigen Maschine gegenüber fern geblieben. Warum? Die Gründe sind mancherlei: Vor Allem ist die Einrichtung derselben verhältnißmäßig noch wenig bekannt; drei Viertel der Landbevölkerung haben nie eine Mähmaschine arbeiten gesehen, kennen sie nur vom Hörensagen oder nach ihrer äußern Form von Ausstellungen.
Der am Alten hängende Sinn der Landbevölkerung neigt ohnedies nicht zu Neuerungen hin, wie viel weniger, wenn er sie gar nicht kennt. Das ist auch Niemandem zu verargen, und wäre es als eine recht segensreiche Thätigkeit unserer landwirthschaftlichen Vereine zu betrachten, wenn sie durch Veranstaltung von Mähmaschinenproben ihren Mitgliedern Gelegenheit geben würden, diese vortrefflichen Maschinen zur Anschauung zu bringen.
Manche scheuen aber auch etwas zurück vor dem hohen Preis. Es gibt jedoch gegenwärtig Mähmaschinen, die gar nicht mehr so theuer sind, besonders wenn einige Landwirthe in einer Gemeinde zusammenstehen und gemeinschaftlich eine solche erwerben. Die Mäher kosten übrigens auch Geld und mehr, als die Verzinsungs- und Abnutzungskosten einer Maschine betragen. Immerhin ist aber auch des etwaigen Verlustes bei einer verspäteten und dadurch mehr oder weniger ungünstigen Ernte, sowie der großen Unabhängigkeit von den übertriebenen Anforderungen der Handarbeiter zu gedenken.
Ein dritter Einwand und vielleicht der gewichtigste ist der meist sehr zerstückelte Grundbesitz. Das ist nun freilich eine recht leidige Sache, und unsere Landwirthe sollen auf’s Neue einsehen, wie diese höchst unwirthschaftliche Güterzersplitterung überall und in Allem, was man beginnen will, hindernd in den Weg tritt und von Verbesserungen und zweckmäßigen Einrichtungen zurückhält. Daß dies auf die Dauer nicht so bleiben kann, sehen heute schon viele unserer Grundbesitzer ein, und ein die Widerspänstigen zwingendes Gesetz wird wohl, da man der alten Ackerbaugesetzgebung kräftig zu Leibe geht, nicht allzulange mehr auf sich warten lassen. Doch gibt es trotz der zerstückelten [139] Güter immer noch hinreichend große Strecken, wo mit der Mähmaschine sehr vortheilhaft gearbeitet werden kann, und ist erst in einer Gemeinde der Anfang gemacht, sehen die Leute, wie viel Zeit und Geld erspart wird, und wie gut die Leistung ist, dann werden sie bald zusammentreten und sich der gleichen Vortheile zu bedienen suchen.
Was die Wahl der Maschinen anbelangt, so kommt dies natürlich ganz darauf an, welche Forderungen an dieselben gestellt werden. Es gibt Maschinen, die bloß Getreide, solche, die bloß Klee und Gras und endlich sogar solche, die Alles mähen (die combinirten). Je nach der Leistung richtet sich auch der Preis. Als eine vorzügliche Maschine gerade für mittlere und kleinere Landwirthe hat sich die sog. Bukeye von Adrianen Platt in New York eingebürgert. Sie ist solid gebaut, nicht theuer, arbeitet gut, bedarf nicht viel Zugkraft und mäht im Tag 4–5 Hektaren.
Stellen wir zum Schlusse eine kleine Berechnung auf, wie hoch das Mähen mit der Maschine kommt gegenüber der Handarbeit.
2 Pferde im Tag | 7 M. | 50 | Pf. |
3 Leute, einschließlich des Fahrers je 3 M. | 9 M. | – | Pf. |
20 vom Hundert für Abnützung und Verzinsung der Maschine (deren Preis wir zu 500 M. annehmen) macht auf 20 Tage, während der die Maschine im Gebrauch sein soll, 100 M., im Tag also | 5 M. | – | Pf. |
21 M. | 50 | Pf. |
Es kosten also 4–5 Hektaren zu mähen einschließlich aller Unkosten 21 M. 50 Pf.
Wer für diesen Preis von Hand gemäht bekommt, der hat keinen Grund über Arbeitertheuerung zu sprechen, wer aber das Doppelte und oft noch mehr ausgeben muß und dabei häufig die Leute noch nicht einmal erhält – der schaffe sich eine Mähmaschine an.