ADB:Böhmer, Georg Wilhelm

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Artikel „Böhmer, Georg Wilhelm“ von Emanuel Leser in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 75–76, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%B6hmer,_Georg_Wilhelm&oldid=- (Version vom 4. Mai 2024, 00:38 Uhr UTC)
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Böhmer: Georg Wilhelm B., als thätiger Vorkämpfer der französischen Sache während der Revolutionskriege und als Verfasser mehrerer juristischer Schriften bekannt, war ein Sohn von Georg Ludwig B. und in Göttingen am 7. Februar 1761 geboren, † 1839. An der Universität dieser Stadt fing er im Jahre 1779 an Theologie zu studiren, wurde er dann Ostern 1785 Privatdocent in der philosophischen Facultät. Er las über Kirchenrecht und Kirchengeschichte und begründete mit dem Jahre 1787 eine Zeitschrift für eben diese Gegenstände (Magazin für das Kirchenrecht, die Kirchen- und Gelehrtengeschichte). 1788 erhielt er die Stelle eines Professors am evangelischen Gymnasium in Worms, er blieb auch hier schriftstellerisch thätig, nur an der Fortführung des periodischen Unternehmens, das er begonnen, wurde er gehindert, weil die freie Richtung, die sich darin aussprach, den Behörden der Stadt mißfiel. Den politischen Vorgängen in Frankreich folgte B. in derselben Zeit mit der regsten Theilnahme, und als am 4. October 1792 französische Truppen Worms besetzten, da erwiesen sich seine Sympathien für die Revolution so stark, daß er alsbald auf die Seite der Fremden trat und ihnen seine Dienste widmete. Noch im nämlichen Monat folgte er dem General Custine als sein Secretär nach Mainz und hatte durch diese Stellung auf die ersten in der occupirten Stadt ergriffenen Maßregeln wesentlichen Einfluß. Zugleich betheiligte er sich als einer der Eifrigsten an dem Streben, die Bevölkerung für Frankreich und seine Verfassung zu gewinnen. Am 23. October half er den Mainzer Club ins Leben rufen, nachdem er schon den Tag zuvor durch Uebernahme der Redaction der Mainzer Zeitung der Partei ein Organ verschafft hatte. Auf wiederholten Reisen bemühte er sich, gleicher Weise in den umliegenden Dörfern und in den Städten Worms und Speier die Gemüther für politische Freiheit zu entflammen; auch dem rheinisch-deutschen Nationalconvent gehörte er als Mitglied an, ohne jedoch in demselben unter die maßgebenden Persönlichkeiten zu zählen. Nachdem im Juli 1793 die Franzosen Mainz übergeben hatten, wurde B. als eine der Geiseln für die Sicherheit der nach Frankreich verbrachten Deutschen gefangen auf den Ehrenbreitstein geführt, und von da im Februar des folgenden Jahres nach dem Petersberge bei Erfurt. Nach seiner 1795 erlangten Freilassung stellte er sich die Aufgabe, für die Einverleibung des linken Rheinufers an Frankreich zu wirken; in dieser Absicht hielt er am 12. October in Paris eine Ansprache an den Convent und gab 1796 eine Anzahl Broschüren, die, von französischen Verfassern herrührend, die Vortheile der Annexion betonten, unter dem Titel: „La rive gauche du Rhin, limite de la république française“ gesammelt heraus. Er diente in verschiedenen Aemtern unter dem Directorium und unter Napoleon, bis die Errichtung des Königreichs Westfalen ihn nach der Heimath zurückführte; er war hier zuletzt Friedensrichter in Schlanstädt bei Oschersleben und Generalcommissär der höheren Polizei für das Harz- und Leinedepartement. Nach dem Ende der französischen Herrschaft erhielt er den Auftrag, einen juristischen Katalog der Göttinger Bibliothek anzufertigen, und wurde 1816 Privatdocent an der Universität; er blieb in der Stellung bis zu seinem am 12. Januar 1839 erfolgten Tode. In dieser letzten Periode seines Lebens veröffentlichte er eine ziemliche Anzahl juristischer Arbeiten, von denen namentlich die „Litteratur des Criminalrechts“ (1816) und eine Schrift „Ueber die authentischen Ausgaben der Carolina“ (1818) größere Verbreitung erlangten, und die Abhandlung: „Ueber [76] die Ehegesetze im Zeitalter Karls d. Gr. und seiner nächsten Regierungsnachfolger“ (1826) zu erwähnen ist.

Ueber Böhmer’s erste Lebenszeit macht Pütter in der Göttinger Gelehrtengeschichte (2. Band, 1788) erschöpfende Mittheilungen, während die Notizen über seine späteren Schicksale weniger vollständig gesammelt wurden.