ADB:Cannabich, Johann Günther Friedrich

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Artikel „Cannabich, Johann Günther Friedrich“ von Julius Löwenberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 761–762, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cannabich,_Johann_G%C3%BCnther_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 22:29 Uhr UTC)
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Cannabich: Johann Günther Friedrich C., geb. 21. April 1777 zu Sondershausen, † ebendaselbst im 82. Lebensjahre 1859. Der Sohn einer Predigerfamilie, studirte er seit 1794 in Jena Theologie, hörte namentlich Paulus, aber auch bei Fichte Philosophie, bei Schütz Philologie, bei Voigt Mathematik. Schon früh zeigte er indeß Neigung zu geographischen Studien und bearbeitete nach den dürftigsten Quellen eine Beschreibung Deutschlands, die er in Jena zu vervollständigen suchte. Fußwanderungen in fernere Gegenden des Vaterlandes vermehrten seine geographischen Kenntnisse und Anschauungen. Nachdem er mehrere Jahre in Hannover und Hessen-Darmstadt Hauslehrer gewesen, wurde er Rector der lateinischen Schule zu Greußen bei Sondershausen mit einem Jahrgehalt von 300 Thlr., die größtentheils aus Johannis- und Weihnachtsgeschenken der Schüler und aus Gaben der reichern Einwohner zusammenkamen, vor deren Thüren er mit etlichen Schülern zu Neujahr von Haus zu Haus singend umherzog. In diesem gedrückten, unwürdigen Verhältnisse lebte C., der inzwischen auch für Frau und Familie zu sorgen bekam, 1807–1819. Erst durch seine Ernennung zum Pfarrer in Niederbösa (1819) und noch weit mehr, seitdem er (1836) die Pfarrerstelle in Bendeleben erhielt, wo er bis zu seiner Emeritirung 1848 verblieb, wurde seine ökonomische Lage günstiger. Inzwischen hatte er bereits unmittelbar nach den Freiheitskriegen auf Bestellung eines Buchhändlers in Sondershausen ein geographisches Lehrbuch verfaßt nach den Gebietsverhältnissen des Friedens von 1815. Dieses sein „Lehrbuch der Geographie“ (1816) ist in oft wiederholten Auflagen und wol in mehr als 100000 Exemplaren verbreitet worden, und noch größere Verbreitung hatte seine „Kleine Schulgeographie“ (1818). Aber erst im Pfarramte gewann er reiche Muße zu seinen zahlreichen geographischen Arbeiten. So bearbeitete er zu dem „Vollständiges Handbuch der Erdbeschreibung“, das er mit Gaspari, Hassel, Guts-Muths und Ukert (23 Bde., Weimar 1819–27) herausgab, die Theile Frankreich, die Niederlande, Westindien, für die „Neueste Länder- und Völkerkunde“ den VI. Bd.: die Niederlande, Ionische Inseln und Krakau (Weimar 1821), ferner den XXIII. Bd.: Baden, Nassau und einzelne deutsche Kleinstaaten (Weimar 1827). Selbständig erschienen: „Statistisch-geographische Beschreibung des Königreichs Preußen“ (6 Bde., Dresden 1828, neue Auflage 1835), „Statistische Beschreibung des Königreichs Würtemberg“ (2 Bde., Dresden 1828), „Neuestes Gemälde von Frankreich“ (2 Bde., 1832), „Neuestes Gemälde des europäischen Rußlands und des Königreichs Polen“ (2 Bde., 1833), letztere bilden den XIX. und XXVI. Bd. von Schütz, „Allgemeine Erdkunde“. Auch von Balbi’s „Abrégé de Géographie“ hat er einzelne Theile für die deutsche bei Hartleben in Wien wiederholt erschienene Ausgabe bearbeitet. Von Galletti’s „Allgemeine Weltkunde“ hat C. mehrere Ausgaben neu bearbeitet, ferner Warden’s „Description de l’Amérique“ deutsch übersetzt, mit dem Kartographen Streit eine geographische Zeitschrift, der „Globus“, begonnen, von der aber [762] nur 2 Bde. (Weim. 1822–26) erschienen. Endlich sind noch die beiden hodegetischen Schriften anzuführen: „Hülfsbuch beim Unterricht in der Geographie“, 3 Bde., in wiederholter Auflage (Eisleben 1833 und 1840) und „Leitfaden zum methodischen Unterricht in der Geographie“ (Eisleben 1836). – Cannabich’s Hauptvorzüge als geographischer Schriftsteller waren Fleiß und Sorgfalt bei der Auswahl und Feststellung des Materials und klarer, leichter Stil. Er gehört zur politisch-statistischen Schule Büsching’s und blieb unbeeinflußt von den neueren naturgemäßen, wissenschaftlichen Ansichten Humboldt’s und K. Ritter’s.

Vgl. Petermann’s Mittheilungen, 1860, S. 40.