ADB:Cruciger, Caspar (der Ältere)

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Artikel „Cruciger, Kaspar“ von Gustav Leopold Plitt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 621–622, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cruciger,_Caspar_(der_%C3%84ltere)&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 03:12 Uhr UTC)
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Cruciger:[1] Kaspar C. (Creutziger, Creutzinger), protestantischer Theologe, geb. zu Leipzig am Neujahrstage 1504, † 1548, genoß als Knabe den Unterricht der Humanisten Georg Helt aus Forchheim (Forchemius) und Kaspar Börner. Schon am 19. Octbr. 1513 ward er Mitglied der Universität seiner Vaterstadt und gab sich für seine Studien der Leitung des Engländers Richard Croke und des Petrus Mosellanus hin. Als Leipziger Student wohnte er der Disputation zwischen Luther und Eck bei und siedelte 1521 nach Wittenberg über, um dort Theologie zu studiren. Daneben beschäftigte er sich mit Mathematik und Naturwissenschaft und erwarb sich in allen diesen Fächern gründliche Kenntnisse. Schon im December 1524 schlug Melanchthon vor, ihn mit der Lection Quintilian’s zu betrauen, und im nächsten Jahre erhielt er einen Ruf als Rector der neugegründeten Stadtschule in Magdeburg, die unter seiner Leitung fröhlich aufblühte. Neben der Schulthätigkeit lagen ihm sonntägliche Predigten ob. Mit seinen Wittenberger Lehrern, deren Freund er geworden war, lebte er in schriftlichem Verkehre fort und 1528 kehrte er als Professor und Prediger an der Schloßkirche dorthin zurück. Von da an blieb er in Wittenberg, einer der thätigsten Lehrer der Universität, die ihm viel zu verdanken hat. Er trat zunächst in die philosophische Facultät ein, übernahm jedoch gleich auch theologische Vorlesungen und ward am 17. Juni 1533 zum Doctor der Theologie promovirt. Da die übrigen Theologen wie auch Melanchthon häufig zu anderweitigen Arbeiten nach auswärts berufen wurden, lag in solchen Zeiten die Fortführung des akademischen Unterrichts neben Luther besonders auf ihm. Der ruhige Lehrerberuf entsprach seinen eigenen Neigungen weit mehr als das selbstthätige Eingreifen in die Fragen des öffentlichen Lebens, obwol es ihm an Begabung [622] hierfür nicht fehlte. Er war bei aller inneren Entschiedenheit und Ueberzeugungstreue eine etwas schüchterne und durch Kränklichkeit empfindliche Natur. Erst im letzten Decennium seines Lebens ward er öfter zu auswärtiger Thätigkeit berufen. Eine Freude war es ihm, 1539 bei der Einführung der Reformation in seiner Vaterstadt mitwirken zu können. In den nächsten Jahren ward er zur Theilnahme an den Religionsgesprächen zu Hagenau, Worms und Regensburg herbeigezogen, wo er als Secretär durch sachverständige und genaue Aufzeichnung der Verhandlungen wichtige Dienste leistete. Der kaiserl. Kanzler Granvella zollte ihm die Anerkennung: „Die Protestirenden haben einen Schreiber, der ist gelehrter, als alle Papisten, denn er erreicht alle Worte im Nachschreiben, so Herr Philippus redet, und erinnert ihn daneben, was von Eck’s Einrede noch zu widerlegen wäre.“ Am schwersten waren ihm die letzten Lebensjahre. Unter Luther’s zunehmender Reizbarkeit litt auch er, der in seinen theologischen Anschauungen sich zu dem ihm naturverwandten Melanchthon neigte. Und während der Drangsale des schmalkaldischen Krieges hatte er das Rectorat der Universität zu führen. Fast schon erschöpft an Körperkraft that er dies mit aufopferungsvollster Treue. Daß die Wittenberger Hochschule in jenem Unglücksjahr sich nicht gänzlich auflöste, ist vornehmlich ihm zu verdanken. Die dann folgenden widerwärtigen Interimsverhandlungen, denen er sich nicht entziehen konnte und welche auch härtere Charaktere erforderten, als er und Melanchthon waren, erschwerten ihm selbst die Sterbestunde. Er verschied am 16. Nov. 1548 Nachmittags 6 Uhr und ward am 18. d. M. in der Wittenberger Pfarrkirche begraben. – C. war keine selbständig producirende Natur, weshalb seinen Schriften, meistens exegetischen Inhalts, kein bleibender Werth beigelegt werden kann. Seine eigentliche Gabe war geschmackvolle Verarbeitung und Darstellung dessen, was er durch gründliches Studium sich angeeignet hatte. Er wirkte vor allem als anregender und überzeugender Lehrer und förderte dadurch die Reformation. Daneben diente er ihr durch Herausgabe von Predigten und Vorlesungen Luther’s, die er mit gewandter Feder nachschrieb und für den Druck fertig machte. Die Wittenberger Ausgabe der Werke Luther’s ward unter seiner Leitung begonnen. Wenn Luther für die Zeit nach seinem Tode große Hoffnungen auf C. setzte und diese öfter aussprach, so beruhten die vor allem auf der anerkannten Tüchtigkeit und Gewissenhaftigkeit desselben in der Verwaltung überkommener Schätze der Erkenntniß. – Das Leben Cruciger’s ist mehrere Male beschrieben, zuletzt von O. G. Schmidt, Leipzig 1862 und Th. Pressel, Elberfeld 1862.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 621 f. Beide Cruciger schreiben sich selbst stets Cruziger. [Bd. 11, S. 794]